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Fischfossil gibt Aufschluss über die Schädel-Evolution

Erde|Umwelt

Fischfossil gibt Aufschluss über die Schädel-Evolution
Fischfossil
Fossil des Urzeit-Fischs Eriptychius americanus und Rekonstruktion seines Schädels. © Field Museum of Natural History/ Richard Dearden und Ivan Samson

Ein etwa 455 Millionen Jahre altes Fischfossil liefert neue Erkenntnisse darüber, wie sich der Schädel der Wirbeltiere entwickelt hat. Mit Hilfe von Computertomographie haben Forschende den versteinerten Kopf des Urzeit-Fischs Eriptychius americanus dreidimensional rekonstruiert. Demnach war sein Gehirn nicht durch eine geschlossene Schädelkapsel geschützt, sondern nur von nicht miteinander verwachsenen Knorpelplatten umgeben. Damit unterscheidet sich der Kopf des prähistorischen Fisches von allen bisher bekannten Schädelstrukturen bei lebenden oder ausgestorbenen Wirbeltieren.

Ein wichtiges Merkmal der Wirbeltiere ist ihr Schädel, der das empfindliche Gehirn schützt. Doch wie hat sich diese aus Knochen oder Knorpel bestehende Schutzkappe entwickelt? Diese Frage war bislang schwierig zu beantworten. Bei fast allen heutigen Wirbeltieren – darunter auch uns Menschen – sind die einzelnen Teile des Schädels miteinander verwachsen. Das sogenannte Neurocranium, die Struktur, die das Gehirn umgibt, besteht also aus einer einzigen Einheit. Lediglich bei Rundmäulern, einer primitiven Gruppe von Wirbeltieren, zu denen Neunaugen und Schleimaale zählen, setzt sich das Neurocranium aus einem offenen Knorpelgerüst zusammen.

Museumsexemplar neu untersucht

Wie sich das einfache Knorpelgerüst der Rundmäuler im Laufe der frühen Wirbeltier-Evolution zu einem geschlossenen Schädel wandelte, ist bisher jedoch weitgehend ungeklärt. „Der Fossilnachweis bietet kaum eine Brücke zwischen den beiden Zuständen, da die Schädelanatomie der frühen Wirbeltiere große phylogenetische und zeitliche Lücken aufweist“, erklären Richard Dearden von der University of Birmingham in Großbritannien und seine Kollegen. Um diese Lücke zu füllen, haben sie nun ein Museumsexemplar eines der frühesten bekannten Wirbeltiere genauer untersucht.

„Mit Hilfe von Computertomographie haben wir den rätselhaften kieferlosen Fisch Eriptychius americanus dreidimensional rekonstruiert“, berichten die Forschenden. Das Exemplar stammt aus dem Harding-Sandstein in Colorado in den USA und wird auf ein Alter von 455 Millionen Jahren datiert. „Auf den ersten Blick ist Eriptychius nicht das schönste aller Fossilien“, sagt Dearden. „Durch den Einsatz moderner bildgebender Verfahren konnten wir jedoch zeigen, dass er etwas Einzigartiges bewahrt: den ältesten dreidimensional erhaltenen Wirbeltierkopf im Fossilbericht.“

Anders als alle bekannten Wirbeltierschädel

Die Untersuchungen zeigen, dass der Schädel des fossilen Fischs aus einem symmetrischen Satz von Knorpelplatten bestand. „Diese umschließen die Vorderseiten der seitlich gelegenen Augenhöhlen, den endständigen Mund, die Riechkolben und die Zirbeldrüse“, schreibt das Team. „Der Knorpel ist jedoch nicht zu einer einzigen neurokranialen Einheit verschmolzen. Das deutet darauf hin, dass sich dieses Merkmal erst später im Verlauf der Evolution der Wirbeltiere entwickelt hat.“ Zugleich unterscheidet sich der Schädel des Fossils deutlich von dem offenen Knorpelgerüst heutiger Rundmäuler. „Damit offenbart das Neurokranium eine Anatomie, die sich von der aller zuvor beschriebenen Wirbeltiere unterscheidet“, schreiben die Forschenden.

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Der Urzeit-Fisch Eriptychius americanus nimmt damit in Bezug auf seine Schädelentwicklung eine evolutionäre Zwischenstellung zwischen den Rundmäulern und den modernen Wirbeltieren ein. Das Fossil füllt eine Lücke von 100 Millionen Jahren im Fossilbericht des Wirbeltierschädels. „Dies sind äußerst spannende Ergebnisse, die möglicherweise Aufschluss darüber geben, wie primitive Wirbeltiere ihre Gehirne in der frühen Entwicklungsgeschichte geschützt haben“, sagt Deardens Kollege Ivan Sansom. „Eriptychius americanus scheint der erste Beweis für eine Reihe von Knorpeln zu sein, die das Gehirn vom Rest des Kopfes trennen. Diese Studie unterstreicht die Bedeutung von Museumssammlungen und die Anwendung neuer Techniken zu ihrer Erforschung.“

Quelle: Richard Dearden (University of Birmingham, UK) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06538-y

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