Einzellige Schleimpilze können ihre Verwandten erkennen und sind in schlechten Zeiten sogar bereit, sich für sie zu opfern. So geben die sonst isoliert voneinander lebenden Organismen bei Nahrungsmangel ihr Singledasein auf, um gemeinsam mit Tausenden anderer ihrer Art eine stecknadelförmige Struktur zu bilden, einen so genannten Fruchtkörper. Dabei sind nur die Einzeller am Kopf des Fruchtkörpers für die Fortpflanzung zuständig, alle anderen verzichten auf die Chance, sich zu vermehren. Damit die eigenen Gene dennoch nicht ganz untergehen, suchen sich die Schleimpilze für diese enge Zusammenarbeit möglichst nahe Verwandte.
Schleimpilze aus der Gattung
Dictyostelium leben unter normalen Bedingungen als amöbenartige Einzeller in Waldböden und ernähren sich dort von Bakterien. Sie vermehren sich unter optimalen Bedingungen, indem sie sich in der Mitte teilen. Die Kontaktaufnahme mit anderen Individuen tritt erst bei Nahrungsmangel auf. Für ihre Studie sammelten die Forscher nun an verschiedenen Standorten Proben des Schleimpilzes Dictyostelium purpureum und züchteten sie im Labor weiter. Anschließend mischten sie zwei unterschiedliche Stämme miteinander und ließen sie gemeinsam auf dem Nährmedium wachsen. Um sie unterscheiden zu können, hatten die Wissenschaftler einen der beiden Stämme mit einem leuchtenden Farbstoff markiert.
Sobald die eigenständigen Mikroben die Nährstoffe des Mediums aufgebraucht hatten, begannen sie, sich zusammenzurotten und Fruchtkörper zu bilden. Durch die farbliche Markierung konnten die Forscher zeigen, dass sich die Fruchtkörper fast ausschließlich aus Individuen eines Stammes bildeten. Die Einzeller zeigten also eine eindeutige Präferenz für ihre Verwandten, schließen die Wissenschaftler. Bisher ist noch nicht geklärt, wie die Einzeller Verwandte von Fremden unterscheiden.
Natasha Mehdiabadi (Rice University, Houston) et al.: Nature, Bd. 442, S. 881 ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg