Sicherheitssysteme gewährleisten die Blutversorgung
Durch die Untersuchungen offenbarte sich ein deutlicher Unterschied zur Halsanatomie des Menschen: Die Wirbellöcher, durch welche eine der Halsschlagadern vom Körper der Eule in den Kopf führt, sind deutlich größer als das Blutgefäß selbst. Das lässt der Ader Raum für Bewegung, erklären die Forscher. Im Gegensatz dazu sitzen die menschlichen Arterien passgenau in den Wirbellöchern. Zusätzlich besitzen Eulen noch spezielle Sicherheitsarterien im Hals, die eine Notversorgung ermöglichen, wenn es tatsächlich mal klemmen sollte, berichten die Forscher. Außerdem entdeckten Gailloud und seine Kollegen bei Blutgefäßen im oberen Bereich des Halses Ausbuchtungen, die vermutlich zusätzlich als Blutreservoir bei einer extremen Verdrehung des Kopfes dienen. All diese Schutzsysteme fehlen dem Menschen, deshalb sind für uns extreme Verdrehungen des Kopfes, beispielsweise bei Unfällen, lebensgefährlich, sagt Gailloud.
Der hypermobile Hals hat eine wichtige Funktion für die Eulen bei ihrer Lebensweise als Lauerjäger. Um Beutetiere wie beispielsweise Mäuse nicht zu verschrecken, müssen sie leise und unauffällig sein, aber dennoch ein möglichst großes Areal überwachen können. Deshalb sitzen sie regungslos da, nur der Kopf dreht sich sanft und lautlos. Die Drehung gleicht außerdem aus, dass die Vögel nicht in der Lage sind, ihre Augen unabhängig vom Kopf zu bewegen. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die flexible Ausrichtung des Gehörs: Bei Eulen formt der sogenannte Schleier – die ringförmig angeordneten Federn um die Augen – eine Art Schalltrichter, der Geräusche direkt zu den Ohröffnungen leitet. Durch die Drehung des Kopfes können Eulen dieses raffinierte Hörsystem präzise auf Geräuschquellen ausrichten. Durch die Kombination von extrem drehbarem Kopf mit gerichtetem Blick und sensiblem Gehör können Eulen sowohl das feinste Zucken eines Mäuseschwänzchens als auch das leiseste Knuspern an einem Krümel präzise orten.