“Wir werden die biochemischen Prozesse in allen Pflanzen verstehen”, sagte Prof. Hans-Werner Mewes vom Max-Planck-Institut für Biochemie bei der Vorstellung in Brüssel. Es könne jetzt tiefere Erkenntnisse über die Resistenz von Pflanzen gegenüber Krankheiten und Umweltgiften sowie über die Aufnahme von Kohlendioxid geben.
Die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) wurde als Modellpflanze ausgewählt, weil sie ein sehr kleines Genom hat, leicht im Labor zu züchten ist und sehr viele Samen produziert. Das Genom der Acker-Schmalwand enthalte rund 120 Millionen Basenpaare und damit etwa ein Dreißigstel des menschlichen Erbguts, berichten die Teams aus Europa, den USA und Japan. Sie präsentieren ihre Arbeit in vier Artikeln der britischen Fachzeitschrift “Nature” (Bd. 408, S. 796, 816, 820 und 823).
Die Acker-Schmalwand ist ein gewöhnliches Unkraut, eine kleine Verwandte des Raps und des Ackersenfs. Die Forscher haben die Genbausteine von fünf Chromosomen (Erbgutträger) der Pflanze gelesen. Überraschend war, so die Wissenschaftler, dass über die Hälfte der Pflanzengene im Erbgut mehrfach vorkommen, sowohl innerhalb eines Chromosoms als auch auf verschiedenen. Es sei nun die vordringliche Aufgabe, die Funktion der identifizierten Gene zu bestimmen. Dies könnte von großer Bedeutung für die Verbesserung von Nutzpflanzen sein, glauben die Wissenschaftler, denn die Ergebnisse ließen sich auch auf andere Pflanzen übertragen. Neben der Grundlagenforschung werden detaillierte Erkenntnisse über den komplexen Stoffwechsel der Pflanzen, über ihre Wechselbeziehungen zur Umwelt und ihren Umgang mit Krankheiten vorausgesagt.
Aus Deutschland beteiligten sich an der Entzifferung unter anderem Forscher des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München, des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried, der LION Bioscience AG in Heidelberg und der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig.
Die Europäische Kommission hatte bereits 1991 angefangen die Erforschung des Pflanzengenoms finanziell zu unterstützen. Bis heute wurden 26 Millionen Euro (51 Millionen Mark) aus EU-Mitteln bereitgestellt. Seit 1996 arbeiteten Labors aus den USA, Japan und sieben EU-Ländern zusammen.