Die Patientin, eine erfolgreiche Unternehmensberaterin, schnitt vor allem bei Gedächtnistests und bei der Abfrage von logischem Denken durchschnittlich oder besser ab, zeigte die Auswertung. Ihr Hörvermögen war normal, und auch ein Hirnscan mit einem Magnetresonanztomografen brachte keine augenscheinlichen Defekte zutage. Anders sah das Ergebnis jedoch bei Stimmerkennungstests aus: Sollte KH beispielsweise angeben, ob ein ihr vorgespielter Satz von einem bekannte Schauspieler oder Politiker oder aber von einer unvertrauten Person gesagt wurde, glichen ihre Antworten einer rein zufälligen Auswahl. Und: Selbst wenn sie eine Stimme korrekt einem Prominenten zuordnete, identifizierte sie lediglich in fünf Prozent der Fälle den Besitzer korrekt. Zudem war sie praktisch unfähig, sich sechs neue Stimmen zu merken und sie anschließend von vollkommen unbekannten zu unterscheiden.
Interessanterweise war es kein Problem für die Patientin, das Geschlecht oder den emotionalen Zustand des Sprechers zu identifizieren, erklärt der britische Neurowissenschaftler Jamie Ward gegenüber “ScienceNOW”. Das Defizit scheine demnach ausschließlich die Stimmerkennung zu betreffen. KH selbst hat mittlerweile gelernt, mit ihrer Einschränkung zu leben, und verschiedene Strategien für den Alltag entwickelt. So stelle sie sich bei den ersten Kontakten mit Kunden beispielsweise mit unterschiedlichem Namen vor, so dass sie bei einem Anruf anhand des verwendeten Namens erkennen könne, wer am Apparat ist.