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Einblick in den Code des gesunden Getreides

Hafer-Genom

Einblick in den Code des gesunden Getreides
In dem erstaunlich umfangreichen und mosaikartig aufgebauten Hafergenom spiegeln sich die interessanten Eigenschaften des Getreides wider. © Olof Olsson

Auch das knifflige Erbgut des „Trend-Getreides“ Hafer ist nun geknackt: Forscher haben das Genom der Pflanze sequenziert und bereits Einblicke in die Grundlagen der gesundheitlichen und ökologischen Vorteile gewonnen, die der Hafer im Vergleich zu Weizen und Co. bietet. Unter anderem bestätigt sich, dass er für die Ernährung von Menschen mit Glutenunverträglichkeit geeignet ist. Die genetischen Informationen können jetzt außerdem der weiteren Verbesserung der alten Kulturpflanze durch Zucht zugutekommen, sagen die Wissenschaftler.

Lange stand er im Schatten der anderen Getreidearten – doch dann bescherten interessante Besonderheiten dem Hafer eine erneute Karriere: Aus Studien geht hervor, dass sich der Verzehr dieser Getreideart günstig auf den Stoffwechsel auswirkt, zudem löst er weniger Allergien und Unverträglichkeiten aus. Gleichzeitig bietet der Hafer auch ökologische Vorteile: Der Anbau erfordert vergleichsweise wenig Pflanzenschutz und Düngung. Außerdem bietet das Getreide Potenzial für die Verringerung des CO2-Fußabdrucks, da er einen Ersatz für ein tierisches Produkt liefern kann: Die vegane Hafer-Milch erfreut sich zunehmender Beliebtheit.

Vor dem Hintergrund dieser interessanten Aspekte ist das Getreide auch zunehmend ins Visier der Genomforschung gerückt. Doch bisher klaffte dabei eine Lücke: Im Gegensatz zu anderen Getreidearten lag beim Hafer bisher keine komplette Genomsequenz vor. Der Grund: „Das Trend-Getreide ist genetisch betrachtet sehr kompliziert“, erklärt Manuel Spannagl vom Helmholtz Zentrum München. Vor allem ist das Erbgut erstaunlich umfangreich: Während etwa der Mensch nur zwei Chromosomensätze mit etwa 20.000 Genen besitzt, umfasst das Genom des Hafers sechs Chromosomensätze mit insgesamt mehr als 80.000 Genen. Außerdem sind diese Erbanlagen vergleichsweise verwirrend angeordnet – Hafer besitzt eine ausgeprägt mosaikartige Genomarchitektur. Dennoch haben Spannagel und seine internationalen Kollegen die Herausforderung nun gemeistert: Es gelang ihnen, das gesamte Hafer-Genom zu entschlüsseln.

Positiven Gesundheitsaspekten auf der Spur

Durch Analysen und Vergleich der Gensequenzen konnten die Wissenschaftler bereits Einblicke in die Grundlagen bestimmter Merkmale des Hafers gewinnen. Besonders interessierten sie sich dabei dafür, warum er im Vergleich zu Weizen oder Roggen weniger Allergien und Unverträglichkeiten auslöst. So konnten sie jetzt auch auf genetischer Ebene zeigen, dass Hafer kaum Substanzen bildet, die dem Gluten im Weizen entsprechen. Diese Proteine gelten als Grundlage der sogenannten Zöliakie und Weizenunverträglichkeit. “Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Gene, die für potenziell glutenähnliche Substanzen kodieren, selten sind, gering exprimiert werden und weniger wahrscheinlich zur Bildung von Entzündungen-auslösenden Stoffen führen”, erklärt Co-Autor Jason Tye-Din von der Edith Cowan University. Co-Autorin Nadia Kamal vom Helmholtz Zentrum München sagt dazu: „Damit konnten wir auf genomischer Ebene bestätigen, dass Hafer in seiner reinen Form für eine glutenfreie Ernährung geeignet ist“.

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Die genetischen Informationen belegen außerdem, dass Hafer im Vergleich zu anderen Getreidearten viel mehr sogenannte Beta-Glucane bildet. Es handelt sich dabei um Ballaststoffe, die zu einem niedrigen Cholesterinwert im Blut beitragen können und sich zudem günstig auf Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes auswirken. Dank der Sequenzierung können die Wissenschaftler nun aufzeigen, welche Gene für diese gesundheitsfördernden Beta-Glucane im Hafer verantwortlich sind.

Grundlage für die weitere Zucht

Die genomischen Informationen können jetzt auch der Zucht des Hafers zugutekommen, um seine gesundheitlichen sowie landwirtschaftlich-ökologischen Vorteile weiter zu steigern, sagen die Forscher. „Denn wir verstehen nun besser, welche Hafersorten untereinander kompatibel sind. So können wir Eigenschaften kombinieren für ein noch günstigeres Gesundheitsprofil, höhere Erträge, bessere Resistenzen gegen Schädlinge und Trockenheit und vor allem in Vorbereitung auf den Klimawandel“, sagt Nick Sirijovski von der Universität Lund. Zudem besitzt der Hafer den Forschern zufolge noch weiteres Potenzial, da er auch gute Erträge bei bescheidener Bodenqualität liefern kann und einen insgesamt geringeren ökologischen Fußabdruck aufweist als etwa Weizen.

„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses vollständig annotierte hexaploide Hafer-Referenzgenom die Basis für Fortschritte in der Haferzüchtung und der grundlegenden Haferbiologie bildet”, sagt Co-Autor Martin Mascher vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Leipzig. „Moderne Züchtungsstrategien wie Genome Editing und Genpyramidierung können nun leichter auf Hafer angewendet werden, um Sorten zu entwickeln, die der weltweit steigenden Nachfrage nach Haferprodukten gerecht werden”, so der Wissenschaftler.

Quelle: Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, Edith Cowan University, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-022-04732-y

 

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