Elefanten haben ihre dünnen Ohren, Hunde hecheln und wir schwitzen, wenn es uns zu warm wird – aber wie schützten sich die großen Dinosaurier vor der Überhitzung? Diese Frage haben Forscher nun zumindest für einige schwer gepanzerte Pflanzenfresser unter den Urzeit-Echsen beantwortet. Demnach nutzten die nashorngroßen Panzerechsen der Kreidezeit ihre Nasen als Klimaanlage. Besonders lange gewundene Nasengänge und gut durchblutete Schleimhäute wirkten wie Wärmetauscher und kühlten das Blut der Dinosaurier an heißen Tagen. Das könnte ihr sensibles Gehirn vor der Überhitzung bewahrt haben.
Die Dinosaurier haben im Laufe der Zeit viele besonders große Vertreter hervorgebracht – teilweise wogen die Giganten der Urzeit mehrere Tonnen. Zu diesen gehörten auch die Ankylosaurier – schwer gepanzerte Pflanzenfresser, die bis zu neun Meter lang werden konnten. Ihr massiger Körper ruhte auf vier dicken Beinen, Kopf, Rücken und Schwanz waren mit Reihen von dicken Knochenplatten bedeckt. Dieser Panzer schützte die Tiere zwar vor ihren Feinden, brachte aber auch Probleme mit sich: Gerade in der tropisch-warmen Kreidezeit gab ihre Körperoberfläche kaum Hitze ab. “Die gigantischen Körper, die wir bei vielen Dinosauriern sehen, müssen in dem mesozoischen Klima sehr warm geworden sein”, sagt Erstautor Jason Bourke von der Arkansas State University. “Wir wollten deshalb wissen, wie die Dinos ihr Gehirn vor dem Überhitzen schützten.”
Fossile Nasengänge im Visier
Um das herauszufinden, untersuchten die Wissenschaftler Fossilien der beiden Ankylosaurier-Gattungen Panoplosaurus und Euoplocephalus. Beide lebten in der späten Kreidezeit und waren etwa nilpferd- bis nashorngroß. Schon früher war Paläontologen aufgefallen, dass diese Dinosaurier auffallend lange, gewundene Nasengänge besaßen. Bei Euoplocephalus waren diese Gänge – würde man sie auseinanderfalten – doppelt so lang wie der Schädel. “Das war ziemlich unerwartet und schrie geradezu nach einer Erklärung”, sagt Bourke. Sein Verdacht: Möglicherweise dienten diese überdimensionierten Nasengänge ja nicht nur dem Riechen, sondern auch dem Wärmeaustausch. Denn der enge Kontakt der Atemluft zu den stark durchbluteten Schleimhäuten kann dazu führen, dass sich die Atemluft erwärmt und gleichzeitig das Blut abgekühlt wird.
(Video: Witmer Lab)Für die Überprüfung dieser Hypothese haben die Forscher zunächst die Nasengänge der beiden Ankylosaurier mithilfe eines Computertomographen präzise vermessen und ein 3D-Modell der Atemwege erstellt. Schon dabei fielen ihnen einige Besonderheiten auf: “Als wir basierend auf den Knochengruben und -kanälchen die Blutgefäße rekonstruierten, stellten wir einen besonders reichlichen Blutzustrom in die Gewebe direkt an den Nasengängen fest”, berichtet Co-Autor Ruger Porter von der Ohio University. “Heißes Blut aus dem Körperinneren konnte demnach durch diese Adern bis dicht an die Nase gelangen und dort seine Hitze an die einströmende Luft abgeben. Gleichzeitig sorgte auch die Verdunstung von Feuchtigkeit in den langen Nasenpassagen für eine Kühlung des Bluts.”
Effektiver Wärmetauscher
Doch würde dieser Kühleffekt ausreichen, um das Gehirn vor der Überhitzung zu bewahren? Um das zu überprüfen, nutzten Bourke und sein Team ein Computermodell, das auch in der Flüssigkeitsdynamik eingesetzt wird. Damit simulierten sie den Strom der Luft und des Blutes in den Nasen der Ankylosaurier und den dabei stattfindenden Wärmeaustausch. Das Ergebnis: “Die Nasengänge beider Ankylosaurier hatten eine substanzielle Wärmetauscher-Kapazität”, berichten die Forscher. Entscheidend für diese Fähigkeit war dabei die lange, verwinkelte Form der Nasengänge: “Wenn wir den Dinosauriern im Modell eine kurze, einfache Nase verpassten, sanken die Wärmetransfer-Raten um mehr als 50 Prozent”, berichtet Bourke.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten demnach die massigen Ankylosaurier, aber wahrscheinlich auch andere Dinosaurierarten von einer solchen “Nasenklimaanlage” profitiert haben. “Wenn wir uns die Nasenhöhlen und Atemwege in Dinosauriern anschauen, stellen wir fest, dass gerade die größten Dinos die komplexesten Nasen hatten”, sagt Co-Autor Lawrence Witmer von der Ohio University. “Das spricht dafür, dass der physiologische Stress der enormen Körpergröße diese anatomischen Besonderheiten gefördert haben könnte um die Gehirntemperaturen besser zu regulieren.” Als nächsten Schritt wollen die Forscher nun auch die Nasengänge anderer Dinosaurier mithilfe ihrer Modellsimulation analysieren.
Quelle: Jason Bourke (Arkansas State University, Jonesboro) et al., PLOS One, doi: 10.1371/journal.pone.0207381