Wie avancierten die Dinosaurier zu den Herrschern des Jura- und Kreidezeitalters? Hinweise auf frühe Vertreter der Dinosaurier, die unter eisigen arktischen Bedingungen überleben konnten, legen nun nahe: Kältetoleranz könnte der Schlüssel zum Erfolg dieser Tiergruppe geworden sein. Die vermutlich bereits durch Federn isolierten Dinosaurier überlebten demnach die globalen Kälteeinbrüche, die viele ihrer nackten Reptilien-Konkurrenten am Ende des Trias-Zeitalters beseitigten, erklären die Wissenschaftler.
Meist steht eher der Untergang der Dinosaurier im Fokus: Ein katastrophaler Meteoriteneinschlag verwüstete vor rund 66 Millionen Jahren die Erde und führte zum Aussterben der einstigen Herrscher der Welt. Die Dinosaurier machten dadurch den Weg frei für die Ausbreitung der Vögel und Säugetiere. Interessanterweise scheint eine ähnliche Geschichte auch zuvor schon abgelaufen zu sein: Vor etwa 202 Millionen Jahren zeichnet sich in Fossilienfunden ein Massensterben ab, das viele Reptilienarten auslöschte, die bis dahin den Planeten beherrschten. Zeitgleich zündete die Kariere der Dinosaurier – offenbar konnten sie die Chance nutzen und die Macht auf dem Planeten übernehmen. Die Studie der Forscher um Paul Olsen von der Columbia University in Palisades beleuchtet nun, warum die Dinosaurier das Trias-Jura-Aussterben meisterten, während andere Tiere ausstarben.
Warum wurden die Dinos so erfolgreich?
Bis zum Massenaussterben vor 202 Millionen Jahren dominierten Reptilien die ausgedehnten tropischen und subtropischen Regionen der Erde, deren Landfläche damals größtenteils aus dem riesigen Kontinent Pangaea bestand. Darunter waren Verwandte der Krokodile und andere, teils skurrile Kreaturen. Man geht davon aus, dass die ersten Vertreter der Dinosaurier vor 231 Millionen Jahren entstanden – aber zunächst ein Schattendasein führten. Aus der Zeit von vor 214 Millionen Jahren gibt es dann Hinweise darauf, dass sie den damaligen hohen Norden des Superkontinents besiedelten. Dort war es allerdings deutlich wärmer als heute: Während des Triaszeitalters und des größten Teils des Jura lag die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre hoch und der entsprechend starke Treibhauseffekt sorgte für eisfreie Pole.
Fossilienfunden zufolge wuchsen damals auch Wälder im hohen Norden. Doch einige Klimamodelle deuten darauf hin, dass es in den hohen Breitengraden dennoch zeitweise recht kalt werden konnte. Bis jetzt gab es allerdings noch keine klaren Hinweise darauf, dass es im Lebensraum der dortigen Dinosaurierarten zu Eisbildungen gekommen ist. Nun berichten Olsen und seine Kollegen von Spuren solcher frostigen Bedingungen. Ihre Ergebnisse basieren dabei auf Untersuchungen von Ablagerungen im Junggar-Becken in Nordwestchina. Die Sedimente bildeten sich dort vor etwa 206 Millionen Jahren in einem See, der damals weit nördlich des Polarkreises lag. Fußabdrücke, die von den Autoren und anderen dort gefunden wurden, dokumentieren, dass Dinosaurier an den Ufern lebten.
Befunde aus der einstigen Polarregion
In den Ablagerungen des Sees fanden die Forscher nun außerdem reichlich Kieselsteine mit einem Durchmesser von bis zu 1,5 Zentimetern in den normalerweise feinen Sedimenten – weit entfernt von Bereichen, die sie als die einstigen Uferlinien identifizierten. Diese Befunde sind auf den Effekt von Eis zurückzuführen, erklären die Wissenschaftler: Die Kieselsteine in den Sedimenten aus den mittleren Seebereichen stammen aus Eis, das sich an der küstennahen Landmasse im Winter bildete und dabei Teile des darunter liegenden Materials aufnahm. Als es wärmer wurde, brach das Eis dann ab, driftete davon und ließ die Kiesel beim Schmelzen vor 206 Millionen Jahren auf den Seegrund rieseln. Die Forscher kommen somit zu dem Schluss: “Es zeichnet sich ab, dass diese Gebiete regelmäßig gefroren sind und die Dinosaurier gut damit zurechtkamen”, resümiert Co-Autor Dennis Kent von der Columbia University.
Den Wissenschaftlern zufolge wirft dies wiederum Licht auf die Frage, warum die Dinosaurier so erfolgreich aus dem Trias-Jura-Aussterben hervorgegangen sind. Wie sie erklären, kam es zu dieser Zeit zu verstärktem Vulkanismus auf der Erde, wie aus Untersuchungen bekannt ist. Während der heftigsten Phasen der Eruptionen könnten große Freisetzungen von Schwefelaerosolen in die Atmosphäre wiederholt zu globalen vulkanischen Wintern geführt haben, die ein Jahrzehnt oder länger andauerten, sagen die Forscher. Sogar in den Tropen könnte es dadurch zu anhaltenden Frostperioden gekommen sein. Den wärmeliebenden, schlecht isolierte Reptilien könnte dies dort den Garaus gemacht haben. “Die Dinosaurier führten während der Trias ein Schattendasein. Der Schlüssel zu ihrer späteren Dominanz war vermutlich, dass sie von Grund auf an Kälte angepasst waren: Als es überall kalt wurde, waren sie gewappnet – andere Tiere waren es nicht”, sagt Olsen.
Kälteresistenz als Schlüssel zum Erfolg
Doch was wärmte die Dinosaurier des Nordens? Möglicherweise Federn und ein intensiver Stoffwechsel, erklären die Forscher: Seit den 1990er Jahren verdichten sich die Beweise dafür, dass viele Dinosaurierarten gefiedert waren. Schon früh in ihrer Entwicklungsgeschichte könnten diese Gebilde sie warm gehalten haben, so wie es auch heute noch bei ihren Nachfahren der Fall ist – den Vögeln. Möglicherweise besaßen die Dinosaurier auch schon früh ein weiteres Merkmal, das diese ebenfalls besitzen: Es gilt mittlerweile als gut belegt, dass viele Dinosaurierarten im Gegensatz zu den Reptilien einen warmblütigen, stoffwechselstarken Körper besaßen. Durch beide Eigenschaften konnten Dinosaurier demnach möglicherweise schon früh unter kalten Bedingungen existieren.
Abschließend betonen die Forscher, dass nun weitere Untersuchungen die interessante Ära am Beginn der Herrschaft der Dinosaurier genauer beleuchten sollten. Der entscheidende Schritt zum besseren Verständnis bestehe dabei darin, gezielt nach Fossilien in den ehemaligen Polargebieten zu suchen. “Die meisten Paläontologen interessieren sich für Fundorte aus der späten Jurazeit, aus der bekanntlich viele große Skelette stammen. Die Paläo-Arktis wird bisher im Grunde genommen ignoriert”, beklagt Olsen.
Quelle: Columbia Climate School, Fachartikel: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abo6342