Die einfachsten heute lebenden Säugetiere sind die primitiven Kloakentiere, zu denen das Schnabeltier und vier Arten von Ameisenigeln zählen. Sie legen Eier, ernähren die frisch geschlüpften Jungen aber bereits mit Milch, die am sogenannten Milchfell in der Bauchregion austritt. Zitzen, mit denen sie die Jungen säugen können, besitzen sie nicht. Wie die Forscher um Brawand feststellten, ist beim Schnabeltier noch eins der drei Gene aktiv, die beim Huhn für die Herstellung von Vitellogenin zuständig sind. Allerdings enthalten die Schnabeltier-Eier nur wenig Dotter. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass der letzte gemeinsame Vorfahr von Schnabel- und anderen Säugetieren, der vor etwa 200 bis 300 Millionen Jahren lebte, bereits dazu übergegangen war, seine Jungen auch mit Milch zu versorgen ? einer Flüssigkeit, die ursprünglich dazu diente, die von einer lederartigen Schale umgebenen Eier feucht zu halten. Statt Vitellogenin enthält die Säugetier-Milch das Protein Casein, das die nötigen Nährstoffe liefert.
Bei den anderen beiden großen Säugetiergruppen, den Beuteltieren und den Plazentatieren, zu denen auch der Mensch gehört, wurden die drei Gene zur Herstellung von Vitellogenin nach und nach deaktiviert. Die Analyse der Forscher zeigt, dass dies vor 170, vor 140 und bei den Beuteltieren vor 70 bis 90 Millionen Jahren geschah.
Bevor sich die beiden Linien voneinander trennten, entstand eine weitere Innovation zur Ernährung des Nachwuchses: die Plazenta. Durch den Mutterkuchen kann die Versorgung des Embryos im Körper der Mutter genau überwacht und gesteuert werden. Beuteltiere versorgen ihre Jungen nur kurz über die Plazenta, die stark einem Dottersack ähnelt. Die noch sehr unreifen Jungen bleiben lange im Beutel und werden dort über die Milchdrüsen versorgt.