Tatsächlich wurden sie bei der Suche nach einem solchen Faktor fündig: Sie identifizierten das Histon H4 als wahrscheinlichen Übeltäter. Diese Entdeckung ist überraschend, denn solange sich die Histone innerhalb der Zelle befinden, erfüllen sie eine äußerst wichtige Aufgabe: Sie helfen dabei, die langen DNA-Fäden so zu verdrillen und aufzuwickeln, dass sie in den winzigen Zellkern passen. Offenbar kehrt sich ihre nützliche Funktion jedoch um, sobald sie in die Blutbahn gelangen, denn H4 schien sowohl bei kultivierten Zellen im Labor als auch bei Mäusen und sogar bei Pavianen für einen Teil der Schäden während einer Sepsis verantwortlich zu sein. Das wurde auch dadurch bestätigt, dass ein Blockieren des Proteins, beispielsweise durch einen Antikörper, die Sterblichkeit bei den Tieren erheblich oder ganz verhinderte.
Bei einer Sepsis gerät die Entzündungsreaktion, durch die der Körper eigentlich Krankheitserreger bekämpfen will, außer Kontrolle, erläutern die Forscher. Sie ist nach wie vor eine sehr häufige Todesursache, speziell auf Intensivstationen. Trotzdem ist die genaue Abfolge der Ereignisse nicht ganz verstanden. Die aktuelle Entdeckung könnte nun helfen, ein neues Licht auf den Mechanismus zu werfen und dadurch auch neue, bessere Therapien zu entwickeln. Zudem sei es äußerst wahrscheinlich, dass freigesetzte Histone auch bei anderen Erkrankungen, die mit Entzündungen einhergehen, eine bisher übersehene Schlüsselrolle spielen, etwa bei Diabetes, Lungenentzündungen oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erklären die Forscher.