Was macht den Mensch zum Menschen? Ist es der aufrechte Gang? Oder die Sprache? Oder der opponierbare Daumen? Die Antwort des US-Biologen E.O. Wilson lautet: Es ist das soziale Leben – also die Tatsache, dass der Mensch feste Gemeinschaften bildet. Denn, so stellt Wilson klar, selbstverständlich ist dies nicht. Der Hang zur Staatenbildung ist im Tierreich äußerst selten. Diese „ Eusozialität” kommt hauptsächlich bei Insekten vor. Soziale Gemeinschaften fordern vom Menschen ein gewisses Maß an Altruismus, gleichzeitig ist er als Individuum egoistisch – und deshalb oft hin- und hergerissen.
Dass Wilson sich als Erforscher sozialer Insekten und Begründer der Soziobiologie einen Namen gemacht hat (siehe Wilson-Porträt in bdw 6/2013), merkt man dem Buch deutlich an. Aber auch wer sich nicht für Ameisen, Bienen und Termiten begeistern kann, wird die Erklärungen, warum sich bei ihnen feste soziale Gefüge entwickelt haben, mit Spannung verfolgen, denn Wilson verliert den Menschen dabei nie aus den Augen.
Klar wird, dass bei Vielem das letzte Wort der Forschung noch nicht gesprochen ist – insbesondere bei der Frage, ob der Mensch sich eher für seine Verwandten einsetzt oder für sich selbst und die Gruppe als Ganzes. Ein sehr empfehlenswertes Buch, abgesehen von der manchmal etwas unbeholfenen Übersetzung. Franziska Konitzer
E.O. Wilson DIE SOZIALE EROBERUNG DER ERDE C.H. Beck, München 2013 384 S., € 22,95 ISBN 978–3–406–64530–3