Diese Werte werden nun allerdings von den neuen Erkenntnissen über Kuru infrage gestellt. Diese Prionenerkrankung, die ausschließlich im östlichen Hochland von Papua-Neuguinea auftritt, ist auf den rituellen Verzehr toter Angehöriger beim Fore-Stamm zurückzuführen. Mitte der 1950er Jahre wurde der Kannibalismus offiziell verboten, und nach 1960 wurde das Ritual nicht mehr durchgeführt. Kuru-Fälle, die nach diesem Zeitpunkt ausbrachen, ermöglichen daher eine Abschätzung der Inkubationszeit für die Erkrankung. Aus diesem Grund führten John Collinge und seine Kollegen zwischen 1996 und 2004 eine Feldstudie im betroffenen Gebiet durch. Dabei identifizierten die Forscher 11 neue Kuru-Fälle, die zwischen 34 und 56 Jahren nach dem wahrscheinlichsten Infektionszeitpunkt ausbrachen.
Da in seltenen Fällen auch Kinder an Kuru erkrankt sind, liegt die Inkubationszeit der Krankheit wahrscheinlich zwischen 5 und mehr als 50 Jahren, berichten die Forscher. Sie schätzen, dass die Inkubationszeit für vCJD mindestens genauso lang, eher jedoch länger ist. Kuru sei schließlich nur von Mensch zu Mensch weitergegeben worden, während der BSE-Erreger zusätzlich die Artenbarriere überwinden müsse ? und das verzögere nach allen bisherigen Erfahrungen praktisch immer den Ausbruch einer Krankheit. Die heute bekannten vCJD-Fälle repräsentieren demnach wahrscheinlich die minimale Inkubationszeit, während die mittlere Zeit zwischen Infektion und Ausbruch wohl eher bei 30 Jahren oder mehr liege, so ihre Schlussfolgerung. Solange jedoch die Beteiligung genetischer und anderer Faktoren nicht bekannt ist, sei eine genaue Vorhersage einer potenziellen Epidemie praktisch unmöglich.