Die Gehirne von Männern und Frauen nutzen unterschiedliche Strategien, um eine gleich hohe Intelligenz zu erreichen. Das schließen amerikanische Forscher aus einer Magnetresonanztomographie-Studie, in der sie die Aktivitätszentren von Männern und Frauen mit gleichem Intelligenzquotienten analysierten. Bei Männern sind demnach vorwiegend Verarbeitungszentren in der so genannten grauen Gehirnsubstanz für Intelligenz verantwortlich, bei Frauen spielt dagegen die für die Vernetzung verantwortliche weiße Substanz die Hauptrolle. Richard Haier von der Universität von Kalifornien in Irvine und seine Kollegen beschreiben ihre Untersuchung in der Fachzeitschrift NeuroImage (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1016/j.neuroimage.2004.11.019).
Männer und Frauen erreichen gleiche IQ-Werte durch Aktivierung unterschiedlicher Gehirnareale, schreiben die Forscher. In männlichen Gehirnen ist 7-mal mehr graue Substanz, die hauptsächlich aus den Zellkernen der Neuronen besteht, aktiv als bei Frauen. Umgekehrt ist bei Frauen im Vergleich zu Männern 10-mal mehr weiße Gehirnsubstanz, die zum größten Teil die Verbindungen der Nervenzellen untereinander enthält, für die Intelligenz verantwortlich. Obwohl die Hirnaktivitäten zwischen den Geschlechtern verschieden verteilt sind, erzielen sie insgesamt eine gleiche Intelligenzleistung.
Die Ergebnisse erklären auch, wieso Männer eher bei Aufgaben brillieren, die eine lokale Signalverarbeitung des Gehirn erfordern, etwa in der Mathematik. Hier ist nämlich eine Beteiligung der grauen Substanz, der Nervenzellen, vorteilhaft. Frauen hingegen profitieren durch den großen Anteil an weißer Substanz, den Nervenfortsetzen: “Sie sind dadurch integrativer und einfühlsamer, da sie verteilte Informationen besser verknüpfen können”, kommentiert Co-Autor Rex Jung von der Universität von New Mexico in Albuquerque.
Bei Frauen liegen die intelligenzrelevanten Bereiche der grauen und weißen Substanz überwiegend im Frontallappen. Bei Verletzungen dieser zentralen Region durch Unfälle sind sie stärker als Männer von bleibenden Hirnschäden bedroht. Die genauere Kenntnis der Aktivitätszentren könnten den Forschern zufolge die Diagnose von Gehirnerkrankungen verbessern. Auch könnten neue Therapieprotokolle entwickelt werden, um in verschiedenen Hirnbereichen die Verletzungen gezielt zu behandeln.
ddp/wissenschaft.de – Martin Schäfer