Vögel haben unterschiedliche Strategien entwickelt, sich einen Nistplatz zu sichern. Einige Arten stechen ihre Konkurrenten durch körperliche Überlegenheit aus, andere sind der sprichwörtlich frühe Vogel. So auch der nordamerikanische Berghüttensänger (Sialia currucoides): Die blauen Männchen und graublauen Weibchen dieser Vogelart kehren im Frühjahr aus Mexiko und den südlichen US-Bundesstaaten zu ihren Brutplätzen zurück, die sich vom Westen der USA bis nach Alaska erstrecken. Dort suchen die Singvögel aus der Familie der Drosseln dann natürliche Hohlräume auf, etwa in Bäumen, um darin ihr Nest einzurichten.
Meist sichert der Berghüttensänger seinen Brutplatz sehr viel früher im Jahr als andere Vögel, die ebenfalls auf Höhlennester spezialisiert sind. Der Grund: Die Berghüttensänger vermeiden es so, sich mit den anderen Vögeln um die begehrten Nesthöhlen zu streiten. “Im Frühjahr, wenn Vögel versuchen, einen Nestplatz zu behaupten, können ihre Streitereien ziemlich erbittert sein”, sagt Karen Wiebe von der kanadischen University of Saskatchewan. Wie die Forscherin weiter berichtet, sind die Berghüttensänger beim Nestbehaupten ihrem Hauptkonkurrenten, der Sumpfschwalbe (Tachycineta bicolor), zwar häufig überlegen – doch das Gegenteil ist der Fall, wenn sie gleichzeitig oder erst nach den Sumpfschwalben im Brutgebiet eintreffen.
Mit dem Klimawandel ändern die Vögel ihre Migrationsphasen
Das ergab ein Versuch der Ornithologin. Dazu stellte sie zwei Nistkästen nebeneinander auf. Sobald beide Vogelarten jeweils einen Brutkasten in Besitz genommen hatten, verschloss sie einen der beiden Kästen, woraufhin die Vogelpaare begannen, um die verbliebene Nistmöglichkeit zu kämpfen. In einem zweiten Versuch entfernte sie die bereits beanspruchten Kästen und stellte stattdessen nur einen neuen auf.
Wollten die Berghüttensänger ihren Gegnern die Nistbox streitig machen oder mussten sie mit ihnen um den neuen Platz konkurrieren, unterlagen sie in bis zu 70 Prozent der Fälle. Ging es hingegen darum eine bereits bezogene Box zu verteidigen, waren die Berghüttensänger erfolgreicher als die Sumpfschwalben. Vermutlich, so Wiebe, weil die Singvögel darauf spezialisiert sind, die Brutplätze früher als ihre Konkurrenten in Besitz zu nehmen.
Mit fortschreitendem Klimawandel ändern sich aber auch die Migrationszeiten vieler Wandervögel. Wie Wiebe erklärt, beginnen die Sumpfschwalben ihren Heimflug inzwischen immer früher – und stoßen deshalb häufiger als sonst mit den Berghüttensängern zusammen. Für die dürfte es daher immer schwerer werden, Nistplätze zu behaupten. Ohnehin hat sich die Zahl der möglichen Bruthöhlen durch Land- und Forstwirtschaft verringert. Damit steigt zusätzlich die Konkurrenz zwischen den Vogelarten um vorhandene Nistplätze.