Die Forscher um die Biochemikerin Winter haben Escherichia coli durch Evolution über mehrere Jahre hinweg stufenweise eine höhere Hitzeresistenz angezüchtet: Die Bakterien wachsen mittlerweile bei Temperaturen von 48,5 Grad Celsius. Hier scheint aber für den Organismus eine natürliche Grenze zu existieren. Im Vergleich zu den Vorfahren enthielten die hitzeresistenten Bakterien das als Hitzeschutz bekannte Protein GroE schon bei normalen Bedingungen in 16-fach höherer Konzentration. Allerdings hat die Hitzeresistenz ihren Preis: Da der Organismus durch den andauernden Stress Veränderungen im Erbgut trägt und sehr viel Energie in die Produktion von Hitzeschutzproteinen steckt, wächst er insgesamt langsamer als seine Vorfahren.
GroE gehört zu den sogenannten Chaperonen: Diese Proteine helfen frisch hergestellten Proteinen, sich korrekt zu falten. Jedes Protein besteht aus einer langen Kette von Aminosäuren. Erst durch kunstvolle Faltung zu einer dreidimensionalen Struktur wird daraus das funktionierende Protein. Im Falle des Bakteriums Escherichia coli festigte GroE Proteine, die bei höheren Temperaturen instabil werden und brachte sie wieder in ihre funktionale Form. ?Die Fähigkeit der hitzeresistenten Bakterien, wesentlich höhere Konzentrationen an GroE produzieren zu können, ist ein entscheidender Faktor für die Überlebensfähigkeit unter diesen Bedingungen?, erklärt Jeannette Winter.
Die Untersuchung liefert auch Hinweise darauf, wie sich Organismen an veränderte Umweltbedingungen anpassen. Dies könnte neue Wege für die gezielte Züchtung von Organismen für spezielle Aufgaben öffnen: ?Das sind nicht nur Bakterien zur Produktion von pharmazeutisch interessanten Proteinen, sondern beispielsweise auch Bakterien, die unter harten Umweltbedingungen Umweltgifte abbauen können?, erklärt Winter.