Inzwischen leben wieder 11.000 Buckelwale im Nordatlantik. Damit sind die Bevölkerungszahlen der riesigen Meeressäuger von vor Beginn des Walfangs im 17. Jahrhundert unerwartet schnell in erreichbare Nähe gerückt. Das berichteten amerikanische Meeresforscher um Phil Clapham vom Northeast Fisheries Science Center in Woodshole auf der Tagung der Internationalen Walfangkommission. Außerdem haben die Wissenschaftler mit Genanalysen überraschende Erkenntnisse über die sozialen Strukturen der Meeresriesen gewonnen.
Für ihre Forschungen haben Clapham und seine Kollegen insgesamt 3.000 Wale fotografiert, Gewebeproben entnommen und diese analysiert. Die Auswertung der Daten hat Unerwartetes ergeben: Offenbar folgen Walkinder stets ihren Müttern aus den Aufzuchtsgebieten zurück in deren bevorzugte Futtergewässer. “Diese Treue hat sich nun schon so lange gehalten, dass man sie in der genetischen Struktur eines Walvolkes wiederfindet”, beschreibt Clapham diese Quasi-Stammesbildung unter den Meeressäugern. Die genetischen Daten weisen zudem darauf hin, dass es außer den bisher bekannten Brutgebieten noch mindestens ein weiteres geben muss.
Aufgrund ihrer Forschungen appellieren die Forscher, die Fangquoten für die Meeressäuger zu überarbeiten. “Die Modelle, die bei der Berechnung der Fangquoten benutzt werden, sind sehr wahrscheinlich zu vereinfachend”, bemängelt Clapham. Sie trügen nicht den stammesartigen Wanderungen der Buckelwale Rechnung, auf die genetische Untersuchungen hinweisen.
Die Befürchtung der Forscher: Fällt eines der zahlreichen “Stammesvölker” komplett dem Walfang zum Opfer, wird man an diesem Ort lange Zeit keine neuen Buckelwale finden. Einzige Möglichkeit für eine Neubesiedlung solcher Gebiete: Gelegentlich folgen Walfrauen einem männlichen Artgenossen in neue Aufzuchtgebiete. Bis sich dort allerdings wieder ein ganzes Walvolk tummelt, wird viel Zeit ins Land gehen.
Andrea Hoferichter