Was letztlich hinter der explosiven Wucht von Supervulkanen wie dem Tambora in Indonesien steckt, ist bekannt: In der obersten Schicht der Magmakammer, die nur wenige Kilometer unter der Erdoberfläche liegt, sorgen Gasblasen für Druck, die vor allem aus Wasserdampf und Schwefel bestehen. Ist irgendwann ein Knackpunkt überschritten, kommt es zur Explosion. “Wir wissen zwar schon länger, dass Gasblasen eine große Rolle spielen, wie sich diese jedoch in Magmakammern anreichern, darüber konnten wir bisher nur spekulieren”, sagt der Vulkanologe Andrea Parmigiani von der Universität Zürich.
An Supercomputern simuliert und experimentell verdeutlicht
Um diese Prozesse aufzuklären, entwickelten er und seine Kollegen vom Georgia Institute of Technology in Atlanta zunächst ein Computermodell, das das Verhalten der Bläschen in den verschiedenen Schichten von Magmakammern simuliert. Sie bestehen den Forschern zufolge in vielen Vulkansystemen aus zwei Zonen: Einer oberen Schicht aus zähflüssiger kristallarmer Schmelze und einer unteren, die reich an Kristallen und Poren ist. Das Computermodell konnte dabei nicht die ganze Magmakammer abbilden, sondern nur winzige Ausschnitte, denn der Rechenaufwand war offenbar gigantisch: Um nur die Prozesse in diesen kleinen Bereichen zu berechnen, waren Hochleistungsrechner nötig. Die Resultate der virtuellen Untersuchungen rundeten Parmigiani und seine Kollegen dann mit Ergebnissen aus Laborexperimenten ab: Sie studierten das Verhalten von Wasserblasen, die in einer zähflüssigen Silikonlösung aufstiegen.
Anfangs gingen die Vulkanologen davon aus, dass der Aufstieg der Blasen in kristallreichen Zonen des Magmareservoirs stark verlangsamt wird. In kristallarmen Bereichen erwarteten sie hingegen schnellere Austiegsprozesse. “Stattdessen haben wir herausgefunden, dass Blasen in kristallreichen Zonen schneller aufsteigen, wenn gleichzeitig auch der Anteil an flüchtigen Stoffen hoch ist. Sie reichern sich in darüber liegenden, schmelzenreichen Abschnitten der Magmakammer an”, erklärt Parmigiani.
Fingerartige Kanälchen und Blasen-Bugwellen
Den Ergebnissen der Forscher zufolge ist die Ursache des Effekts: Gibt es viele Blasen in den Poren der kristallreichen Schicht, verschmelzen sie zu fingerartigen Kanälen. Diese verdrängen dann geschmolzenes Gestein und ermöglichen dem Gas letztlich, schneller aufzusteigen. “Können sich diese Dampfkanäle nicht bilden, bleiben Einzelblasen mechanisch gefangen”, sagt Parmigiani. Gelangen die fingerartigen Kanäle dann allerdings an die Grenze zur kristallarmen Schmelze, entsteht ein neuer Effekt: Es lösen sich kugelige Einzelblasen ab. Den Forschern zufolge steigen diese zwar weiter nach oben, ihre Wanderungsgeschwindigkeit verringert sich jedoch, je mehr Blasen gleichzeitig auf Wanderschaft sind. Die Ursache: Die Blasen bremsen sich gegenseitig, sagen die Forscher. Jede Blase schiebt demnach eine kleine Bugwelle zähflüssiger Schmelze vor sich her und drückt diese beiseite. Gelangt die benachbarte Blase in den Bereich dieses nach unten gerichteten Strömung, wird sie gebremst, erklären die Vulkanologen.
Ihnen zufolge stauen sich die Blasen dadurch letztlich kritisch auf: “Durch diesen Mechanismus können sich sehr viele Gasblasen in der kristallarmen Schmelze unter dem Dach der Magmakammer anreichern. Das führt schließlich zu einem Überdruck in der Kammer”, sagt Parmigiani. Was die nun aufgedeckten Prozesse für die Explosivität von Vulkanen bedeuten, bleibt allerdings noch unklar. “Diese Studie konzentriert sich auf die Grundlagen des Gasflusses in einer Magmakammer. Einen direkte praktische Anwendung wie die Voraussage des Verhaltens eines Vulkans bleibt Gegenstand zukünftiger Forschung”, betont Parmigiani. Doch dabei ist es sicherlich von Vorteil, über die Mechanismen des Sprengstoffes der bedrohlichen Feuerberge Bescheid zu wissen.