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Blick ins Genom einer ausgerotteten Art

Artensterben

Blick ins Genom einer ausgerotteten Art
Zu Lebzeiten soll das Fell des Blaubocks einen bläulichen Schimmer besessen haben. Im Bild ein präpariertes Tier aus dem Swedish Museum of Natural History. Hempel et al. 2021. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.

Um 1800 kam das Ende für die bläulich schimmernde Antilope: Paläogenetische Informationen beleuchten nun die Merkmale und die Geschichte des südafrikanischen Blaubocks. Forscher haben einem Museumsexemplar sowie einem 9950 Jahre alten Zahn DNA entlockt und sie sequenziert. Es handelt sich dabei nun um das älteste Paläogenom vom afrikanischen Kontinent. Die Analyseergebnisse verdeutlichen, dass der Blaubock trotz geringer Populationsgröße die klimatischen Veränderungen der letzten 10.000 Jahre meistern konnte, bis die europäischen Siedler ab dem 17. Jahrhundert diese Art ins Aus trieben.

Er gilt als die erste große Säugetierart Afrikas, die dem Menschen in historischer Zeit zum Opfer gefallen ist: Der Blaubock (Hippotragus leucophaeus) verdankte seinen Namen einem bläulich-grau schimmernden Fell. Sein Verbreitungsgebiet war ein kleiner Bereich im äußersten Süden Afrikas, wo er offenbar schon seit mindestens 100.000 Jahren mit dem Menschen koexistierte. Doch im Zuge der europäischen Kolonialisierung in der Region geriet er ab dem 17. Jahrhundert immer mehr unter Druck: Der letzte Blaubock wurde dann schließlich um das Jahr 1800 geschossen – nur 34 Jahre nach seiner wissenschaftlichen Erstbeschreibung.

Der Blaubock im Visier

Der Erforschung dieser teils mysteriös gebliebenen Art hat sich ein Forscherteam um Elisabeth von der Universität Potsdam gewidmet. Zunächst sind die Wissenschaftler der Frage nachgegangen, inwieweit die in Museen als „Blaubock“ deklarierten Exemplare dieser Art wirklich zuzuordnen sind. Dabei wurde deutlich, dass die Spezies vor ihrem Aussterben nur sehr ungenau dokumentiert worden war: Die Forscher gewannen aus zehn Museumsstücken mitochondriale DNA und konnten durch Vergleiche zeigen, dass nur vier authentisch sind. Bei den anderen handelte es sich um Exemplare oder Körperteile von anderen Tierarten.

In der aktuellen Untersuchung sind die Wissenschaftler nun einen Schritt weiter gegangen: Es ist ihnen gelungen, zwei Kerngenome des Blaubocks zu gewinnen. Das eine stammt von einem präparierten Exemplar aus dem Schwedischen Museum für Naturgeschichte in Stockholm, das zweite hingegen aus einem 9300 bis 9800 Jahre alten fossilen Zahn aus dem Iziko Museum of South Africa in Kapstadt. Wie das Team betont, handelt es sich bei dem sehr alten Genom um etwas Besonderes: Es ist derzeit das älteste Paläogenom eines Lebewesens aus Afrika. Aus anderen Bereichen der Erde sind weit ältere bekannt, doch vor allem die hohen Temperaturen beschränken in Afrika die Erhaltung von Biomolekülen, erklären die Forscher.

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Informationen im Spiegel der DNA

Wie sie berichten, ging aus den genetischen Analysen der Paläogenome hervor: Der Blaubock war mit den Rappen- und Pferdeantilopen verwandt. Dabei zeichnet sich auch ein Genfluss von der Pferdeantilope zum Blaubock ab. Anhand bestimmter Merkmale des Erbguts waren nun auch Rückschlüsse auf einen bisher unklaren Aspekt möglich: Wie zahlreich waren die Blauböcke einst? Es zeigte sich, dass die genomische Diversität dieser Art viel geringer war als bei den Pferde- und Rappenantilopen. „In den genetischen Daten spiegelt sich wider, dass die Populationsgröße bereits seit dem Ende des letzten Eiszeitalters vor rund 10.000 Jahren gering war – und damit auch als die europäischen Kolonisten im 17. Jahrhundert im südlichen Afrika ankamen“, sagt Hempel.

Ihr zufolge bedeutet das wiederum: „Trotz ihres geringen Verbreitungsgebiets und ihrer geringen Populationsgröße haben die Blauböcke die letzten 10.000 Jahre gemeinsam mit Menschen in der Region überlebt. Dies änderte sich, als die europäischen Kolonisten mit Schusswaffen das südliche Afrika erreichten“, so Hempel. Es wird somit deutlich, dass der Blaubock eine Art war, die zu Beginn der gegenwärtigen Krise der biologischen Vielfalt den menschlichen Einflüssen zum Opfer fiel.

Quelle: Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, Fachartikel: Molecular Biology and Evolution, doi: 10.1093/molbev/msac241; Sci Rep, doi: 10.1038/s41598-020-80142-2

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