Vom Pfau bis zu den Paradiesvögeln – manche heutige Vogelarten präsentieren sich bekanntlich ausgesprochen prächtig. Ein Fossil mit Spuren von bizarren Schmuckelementen verdeutlicht nun, dass diese Tradition bis ins Zeitalter der Dinosaurier zurückreicht. Der etwa hühnergroße Zweibeiner besaß Paare steifer Bänder aus Keratin, die von den Schultern seitlich abstanden sowie eine Art Mähne aus Federstrukturen, die er vermutlich aufplustern konnte. Wahrscheinlich kamen diese Elemente bei der Balz zum Einsatz oder zur Abschreckung von Feinden, sagen die Paläontologen.
Einst wurden sie nackt und farblos dargestellt – doch mittlerweile haben Untersuchungen zahlreicher Fossilien gezeigt, dass auch viele Dinosaurierarten schon aufwendig „gekleidet“ daherkamen: Sie trugen Federn oder fellartige Strukturen mit komplexen Färbungen und Zeichnungen – ähnlich wie ihre Nachfahren, die heutigen Vögel. Es wurden auch bereits Spezies beschrieben, deren Federkleid-Merkmale vermuten lassen, dass sie es zur Schau stellten, um Artgenossen zu beeindrucken. Bei dem neu entdeckten Dinosaurier handelt es sich nun allerdings um das bisher bizarrste Beispiel eines solchen „urzeitlichen Showstars“, berichtet das internationale Paläontologenteam.
Das Fossil stammt von einem Fundort in der Crato Formation im Nordosten Brasiliens und wurde auf ein Alter von 110 Millionen Jahren datiert. Man nimmt an, dass sich dort in der Kreidezeit ein flaches Binnenmeer mit Inseln befand. Die Untersuchungsergebnisse an dem in zwei Steinplatten eingebetteten Fossil wurden durch den Einsatz moderner Analysetechnik möglich: Co-Autor Eberhard Frey vom Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe durchleuchtete es mittels Röntgenstrahlen, um verborgene Feinstrukturen sichtbar zu machen. So zeichneten sich neben einigen verborgenen Skelettteilen auch Spuren der einstigen Anhängsel und der Hautstrukturen des etwa hühnergroßen Dinosauriers ab.
Seltsame Bänder an den Schultern
“Das erstaunlichste Merkmal dieses Tieres waren lange, wahrscheinlich steife Bänder auf beiden Seiten seiner Schultern“, sagt Co-Autor David Martill von der University of Portsmouth. Diese bisher noch nie bei einem Fossil beschriebenen Elemente scheinen so positioniert gewesen zu sein, dass sie die Bewegungsfreiheit der Arme und Beine nicht einschränkten. Ähnliche Strukturen sind heute vom Bänderparadiesvogel (Semioptera wallacii) bekannt. Den Untersuchungen zufolge bestanden die Schulterbänder bei dem Dinosaurier zwar ebenfalls aus Keratin, es handelte sich aber nicht um Federn im modernen Sinne.
Vermutlich dienten diese auffälligen Strukturen ähnlich wie bei den Papageienvögeln zum Anlocken von Partnern oder dem Konkurrenzkampf zwischen Männchen. Es scheint aber auch eine Funktion zur Abschreckung von Feinden möglich, sagen die Forscher. Wahrscheinlich erfolgte die Präsentation der Bänder in Verbindung mit einem weiteren Element, das sie an dem Fossil festgestellt haben: Das Tier besaß auf dem Rücken eine Art Mähne aus langen fellartigen Federstrukturen. Auch die Arme waren bis hinunter zu den Händen mit pelzartigen Fäden bedeckt. Die Paläontologen vermuten, dass der Dino seine Mähne ähnlich wie einige heutige Tiere durch Muskeln aufrichten konnte, um sich eindrucksvoll aufzuplustern.
Vermutlich ein prächtiges Männchen
Vor dem Hintergrund seiner Merkmale gaben die Wissenschaftler dem Dinosaurier den Namen Ubirajara jubatus. Der erste Teil bedeutet dabei „Herr des Speers“ – in Anspielung auf die vermutlich steifen Bänder und jubatus bedeutet “mähnig”. “Wir können zwar nicht beweisen, dass es sich bei dem Exemplar um ein Männchen gehandelt hat, aber in Anbetracht der Unterschiede zwischen heutigen männlichen und weiblichen Vögeln erscheint dies sehr wahrscheinlich“, sagt Martill. “Seine Extravaganz lässt auch vermuten, dass der Dinosaurier aufwendige Tänze vollführte, um seine Pracht besonders eindrucksvoll zu präsentieren”, so der Wissenschaftler.
Sein Kollege Robert Smyth ergänzt: “Es ist bekannt, dass viele Dinosaurier Kämme, Stacheln und andere knöcherne Strukturen besaßen, die wahrscheinlich ebenfalls der Zurschaustellung dienten. Bei Vögeln bestehen entsprechende Elemente hingegen aus Federn. Dieser kleine Dinosaurier ist nun ein frühes Beispiel für dieses wohl sinnvolle Konzept. Denn Knochen benötigen viel Energie, um zu wachsen und erhalten zu werden, sie sind außerdem schwer und können Verletzungen verursachen, wenn sie brechen“, sagt Smyth. „Keratin – das Material, aus dem Haare, Federn und Schuppen bestehen – ist hingegen ein viel besseres Material für ein Showelement – vor allem bei einem so kleinen Tier wie diesem“, erklärt Smyth.
Abschließend sagt er: “Einige unserer modernen Vögel sind berühmt für ihr aufwendiges Gefieder und ihre Zurschaustellung, mit der sie Partner anlocken – das Pfauenrad und das Gefieder der männlichen Paradiesvögel sind Lehrbuchbeispiele dafür. Ubirajara verdeutlicht nun allerdings, dass diese Tendenz zur Zurschaustellung keine Neuentwicklung der Vögel war, sondern etwas, das diese Tiere von ihren Dinosaurier-Vorfahren geerbt haben”, resümiert der Paläontologe.
Quelle: University of Portsmouth, Fachartikel: Cretaceous Research, doi: 10.1016/j.cretres.2020.104686