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Bevölkerung: 8,7 Millionen Arten

Erde|Umwelt

Bevölkerung: 8,7 Millionen Arten
Bislang hieß es etwas vage: Auf der Erde leben zwischen 3 und 100 Millionen Arten. Mit einer neuen Methode haben Wissenschaftler nun eine sehr viel genauere Zahl genannt: 8,7 Millionen Arten plus/minus 1,3 Millionen. Davon sollen etwa 6,5 Millionen an Land und 2,3 Millionen im Wasser leben. Für ihre Schätzung orientierten sich die Forscher an der klassischen evolutionären Klassifikation nach Art, Gattung, Familie, Ordnung, Klasse, Stamm und Reich. Anhand von gut bekannten Klassen wie beispielsweise den Säugetieren erstellten sie ein Muster, wie sich die Arten innerhalb dieser Klasse verteilen ? und legten das Ergebnis als Maßstab für Lebensformen an, von denen bislang nur wenige bekannt sind. Von den 8,7 Millionen Arten, die die Auswertung ergab, seien allerdings die meisten ? geschätzte 86 Prozent der Land- und ganze 91 Prozent der Meereslebewesen ? noch gar nicht entdeckt oder gar beschrieben worden, sagen die Wissenschaftler.

Jedes Jahr werden etwa 15.000 neue Arten entdeckt. ?In Korallenriffen, auf dem Ozeanboden und in den feuchten Böden in den Tropen vermuten wir Lebensräume, in denen wir noch die meisten neuen Spezies entdecken können. Allerdings wissen wir vor allem über kleine Lebensformen noch nicht sehr viel. Und einige davon leben ? buchstäblich ? in unserem eigenen Garten?, erläutert Alastair Simpson von der Dalhousie University in Halifax, Kanada. Doch woher kommen derartige Vermutungen? Und wie ist eine Hochrechnung für die Arten möglich, die sich insgesamt auf der Erde tummeln?

Ein internationales Team um Simpson hat sich dafür mit der Klassifikation der irdischen Lebewesen beschäftigt. Dabei konzentrierten sie die Wissenschaftler auf die fünf großen Gruppen der Eukaryoten, der Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen: Tiere, Pflanzen, Pilze, Protozoen (tierische Einzeller) und Algen, die von Fotosynthese oder einem ähnlichen Prozess leben. Zunächst sortierten sie die bislang 1,2 Millionen beschriebenen Arten nach der klassischen Einteilung in Reich, Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung und Art. Dabei stießen sie auf eine Beziehung zwischen der Anzahl der groben Klassifikationen und der Anzahl der darunter versammelten Arten. Diese Relation berechneten sie für bereits gut untersuchte Spezies wie Säugetiere, Fische und Vögel und wendeten den ermittelten Wert dann auf bislang weniger bekannte Gruppen an. Im Endergebnis kamen die Forscher auf circa 7,8 Millionen Tiere, fast 300.000 Pflanzen, über 600.000 Pilze, 36.000 tierische Einzeller und 27.000 Algen.

?Die Zeitbombe des Aussterbens tickt für zahlreiche Arten immer lauter. Deshalb ist es für Wissenschaft und Gesellschaft umso wichtiger, die Inventur über auf der Erde lebende Arten voranzutreiben?, erklärt Camilo Mora, Erstautor der wissenschaftlichen Studie, die Beweggründe des Teams. Nur wenn möglichst alle Arten und deren Zusammenspiel in den einzelnen Ökosystemen bekannt sind, könne die stetig wachsende Weltbevölkerung in Zukunft ernährt werden. Die Schätzung der Gesamtzahl der Arten helfe bei der Suche und der Katalogisierung noch zu entdeckender Spezies.

Auch Robert May von der Oxford University hält diese Erkenntnisse für äußerst wichtig. ?Was sich nach Briefmarkensammeln anhört, könnte für die Wissenschaft als auch für die Gesellschaft entscheidend sein”, sagt der ehemalige Präsident der britischen Royal Society. So habe beispielsweise eine vor ein paar Jahren entdeckte Reisart, gekreuzt mit einer anderen, weit verbreiteten Art, eine um 30 Prozent effizientere Sorte hervorgebracht. ?Ohne eine genaue Katalogisierung und Beschreibung wäre das nicht möglich gewesen?, sagt May. Die von Mora und seinen Kollegen errechneten 480 Jahre bis zur Kenntnis aller Arten hält der Zoologe für eher pessimistisch. Seiner Meinung nach müsste das binnen des nächsten Jahrhunderts machbar sein ? schließlich werde man in naher Zukunft mithilfe der ?Barcode Taxonomy?, also anhand eines schnellen Scannens der DNA, sehr viel effektiver vorankommen und auch aus Versehen doppelt aufgenommene Arten identifizieren können.

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Camilo Mora (Dalhousie University, Halifax) et al.: PLoS Biology Letters, doi: 10.1371/journal.pbio.1001127 wissenschaft.de – Marion Martin
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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