Ein internationales Team um Simpson hat sich dafür mit der Klassifikation der irdischen Lebewesen beschäftigt. Dabei konzentrierten sie die Wissenschaftler auf die fünf großen Gruppen der Eukaryoten, der Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen: Tiere, Pflanzen, Pilze, Protozoen (tierische Einzeller) und Algen, die von Fotosynthese oder einem ähnlichen Prozess leben. Zunächst sortierten sie die bislang 1,2 Millionen beschriebenen Arten nach der klassischen Einteilung in Reich, Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung und Art. Dabei stießen sie auf eine Beziehung zwischen der Anzahl der groben Klassifikationen und der Anzahl der darunter versammelten Arten. Diese Relation berechneten sie für bereits gut untersuchte Spezies wie Säugetiere, Fische und Vögel und wendeten den ermittelten Wert dann auf bislang weniger bekannte Gruppen an. Im Endergebnis kamen die Forscher auf circa 7,8 Millionen Tiere, fast 300.000 Pflanzen, über 600.000 Pilze, 36.000 tierische Einzeller und 27.000 Algen.
?Die Zeitbombe des Aussterbens tickt für zahlreiche Arten immer lauter. Deshalb ist es für Wissenschaft und Gesellschaft umso wichtiger, die Inventur über auf der Erde lebende Arten voranzutreiben?, erklärt Camilo Mora, Erstautor der wissenschaftlichen Studie, die Beweggründe des Teams. Nur wenn möglichst alle Arten und deren Zusammenspiel in den einzelnen Ökosystemen bekannt sind, könne die stetig wachsende Weltbevölkerung in Zukunft ernährt werden. Die Schätzung der Gesamtzahl der Arten helfe bei der Suche und der Katalogisierung noch zu entdeckender Spezies.
Auch Robert May von der Oxford University hält diese Erkenntnisse für äußerst wichtig. ?Was sich nach Briefmarkensammeln anhört, könnte für die Wissenschaft als auch für die Gesellschaft entscheidend sein”, sagt der ehemalige Präsident der britischen Royal Society. So habe beispielsweise eine vor ein paar Jahren entdeckte Reisart, gekreuzt mit einer anderen, weit verbreiteten Art, eine um 30 Prozent effizientere Sorte hervorgebracht. ?Ohne eine genaue Katalogisierung und Beschreibung wäre das nicht möglich gewesen?, sagt May. Die von Mora und seinen Kollegen errechneten 480 Jahre bis zur Kenntnis aller Arten hält der Zoologe für eher pessimistisch. Seiner Meinung nach müsste das binnen des nächsten Jahrhunderts machbar sein ? schließlich werde man in naher Zukunft mithilfe der ?Barcode Taxonomy?, also anhand eines schnellen Scannens der DNA, sehr viel effektiver vorankommen und auch aus Versehen doppelt aufgenommene Arten identifizieren können.