Kreuzhuber: In manchen Gebieten wurde in den letzten Jahrzehnten so viel gefischt, dass etliche Bestände fast zusammengebrochen sind. In der Nordsee gibt es zum Beispiel bei der Seezunge, beim Seeteufel und besonders beim Kabeljau erhebliche Probleme. Der Kaiser-Granat in der Biskaya ist eine weitere Art, die zu stark befischt wurde. Der Zustand der Fischbestände ist alarmierend, das ist überhaupt keine Frage. Der Fischereidruck der Schiffe der Europäischen Union ist zu groß gewesen, unter anderem deshalb, weil es zu viele Fangschiffe gibt.
bdw: Was unternimmt die Kommission?
Kreuzhuber: Es ist doch klar: Die Fischer der EU sägen sich selbst den Ast ab, auf dem sie sitzen, wenn sie weiter wie bisher überfischen. Wenn es in Zukunft keine Fische mehr gäbe, wären auch die Fischer arbeitslos. Wir wollen daher die Flotte der Europäischen Union den Fischbeständen anpassen.
bdw: Und wie? Will die Europäische Kommission die Subventionen für die Fischer kürzen?
Kreuzhuber: EU-Mittel und nationale Gelder müssen in Zukunft so eingesetzt werden, dass die Fischerei nachhaltig wird. Wir wollen also nicht mehr den Bau zusätzlicher Fangboote fördern. Statt dessen wollen wir mit diesem Geld Fischer und Reeder animieren, Boote abzuwracken. Wenn wir die Fangflotten verkleinern, werden in bestimmten Gegenden zum Beispiel in Teilen Schottlands oder in Andalusien und Teilen von Portugal etliche Fischer arbeitslos. Dort müssen wir mit den bisherigen Fördergeldern also einen Sozialplan umsetzen, um diesen Menschen neue Jobs zu verschaffen.
bdw: Welche EU-Fördersummen fließen zurzeit in die Fischerei?
Kreuzhuber: Rund eine Milliarde Euro im Jahr. Schon jetzt geht der größte Teil dieser Summe in Strukturmaßnahmen wie das Abwracken von Schiffen. Ein Teil der Gelder wird aber derzeit noch in den Bau oder die Modernisierung von Schiffen gesteckt. Genau das wollen wir ändern.
bdw: Was unternimmt die Europäische Kommission im Hinblick auf die besonders große Fangflotte Spaniens?
Kreuzhuber: Natürlich muss man auch in Spanien die Flotte verkleinern. Dort gehen auch so jedes Jahre tausende von Jobs in der Fischerei verloren. Weil die Spanier zu viele Fangschiffe haben, leidet einfach die Wirtschaftlichkeit. Gesünder wäre es, wenn mit sozialer Unterstützung einige Fischer diesen Sektor verlassen würden. So könnten die Fischbestände auch für zukünftige Generationen erhalten werden, und die einzelnen Fischer hätten ein besseres Einkommen und würden nicht mehr am Tropf der Subventionen hängen. Diese Einsicht scheint in Ländern wie Spanien zurzeit allerdings noch ein wenig zu fehlen.
bdw: Die EU-Flotten fischen ja auch vor Westafrika. Wie garantiert die Europäische Kommission dort die Nachhaltigkeit?
Kreuzhuber: In diesem Bereich wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht, weil mit Mauretanien, Marokko oder Senegal Verträge geschlossen wurden, die zu wenig auf Nachhaltigkeit geachtet haben. Man hat also Geld gezahlt und dort ohne große Rücksicht auf die Bestände gefischt. 1997 aber haben die Fischerei-Minister der EU beschlossen, in solchen Ländern nur noch nachhaltig zu fischen. Allerdings fehlen für manche Gebiete die wissenschaftlichen Fakten. Wenn nicht klar ist, wie viele Shrimps gefangen werden können, ohne den Bestand zu gefährden, setzen wir die Fangquoten daher so fest, dass keinesfalls Gefahr drohen kann. Gleichzeitig verbessern wir die wissenschaftlichen Grundlagen und zählen in diesen Gebieten jedes Jahr die Bestände. Die Fangmenge wird dann entsprechend angepasst. Obendrein wollen wir Ländern wie dem Senegal helfen, eine eigene Fischerei zu entwickeln. Zur Zeit können diese Länder ihre Fischbestände nämlich gar nicht nutzen, weil sie keine guten Boote dafür haben. Wir wollen diesen Ländern auf jeden Fall die Fische nicht weg fangen, sondern nur die Bestände nutzen, die dort nicht gefangen werden können.
Das Gespräch führte Roland Knauer