Diesen Bakterien ist Piel jetzt auf die Spur gekommen. Dazu untersuchte er Antitumor-Wirkstoffe der Pederin-Gruppe, die sowohl in Käfern der Gattungen Paederus und Paederidus als auch in Meeresschwämmen vorkommen. Die Käfer benutzen Pederin als chemische Waffe, um sich und ihre Nachkommenschaft vor Fressfeinden wie beispielsweise Spinnen zu schützen. Nur die weiblichen Käfer bilden den Abwehrstoff und übertragen ihn bei der Eiablage auf das Gelege. Dadurch werden nicht nur die Eier, sondern auch die Larven der nächsten Generation vor Feinden geschützt.
Um einen Hinweis auf den tatsächlichen Produzenten des Pederins zu erhalten, suchte Piel in der aus Käfern isolierten DNA nach Genen, die für die Bildung dieses Wirkstoffs verantwortlich sein könnten. Er fand acht Gene, die für die Pederin-Synthese in Frage kamen. Jene Gene gehörten jedoch nicht zum Käfer, zeigte eine weitere Analyse der entsprechenden Genomregion. Die meisten waren denen des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa täuschend ähnlich. “Mit diesem Fund war der Symbiont identifiziert”, sagt Jörn Piel, “denn ein Pseudomonas-Bakterium in der Mikroflora von Pederin-versprühenden Käfern hatte bereits eine Forschergruppe an der Universität Bayreuth nachgewiesen. Unklar war bis jetzt, ob dieses bisher nichtkultivierbare Bakterium auch tatsächlich der Pederin-Produzent ist.”
Der jetzt vorliegende Nachweis, dass derartige wirkstoffproduzierende Bakterien tatsächlich existieren, könnte wichtige Konsequenzen für die Gewinnung von Medikamenten aus niederen Organismen haben. Die Gruppe um Jörn Piel arbeitet zur Zeit daran, die Pederin-Gene in ein leicht kultivierbares Bakterium zu übertragen, das den gewünschten Wirkstoff in theoretisch unbegrenzten Mengen herstellen könnte. Außerdem untersuchen die Forscher momentan, ob es ähnliche symbiontische Bakterien auch in Meeresschwämmen gibt.