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Ausweg aus Pilz-Pandemie unter Amphibien entdeckt?

Biologie

Ausweg aus Pilz-Pandemie unter Amphibien entdeckt?
panamaischer Goldfrosch
Der panamaische Goldfrosch ist vom Aussterben bedroht. © Brian Gratwicke/U.S. Fish & Wildlife Service

Seit etwa 25 Jahren sterben Frösche und Kröten auf der ganzen Welt an den Folgen einer Hauterkrankung. Ausgelöst wird diese Amphibienseuche durch einen hochansteckenden Pilz. Nun haben Forschende einen möglichen Weg gefunden, den Pilz Batrachochytrium dendrobatidis zu bekämpfen und so das Amphibiensterben zu beenden. Der Schlüssel dazu könnte ein ungewöhnliches Virus sein, das den Pilz befällt und seine Sporenbildung verlangsamt.

Der Pilz Batrachochytrium dendrobatidis – kurz Bd – befällt die Haut von Fröschen und Kröten, was ihren Stoffwechsel, ihren Elektrolythaushalt und ihre Atmung stört und letztlich zum Tode führt. Von der ursprünglich aus Asien stammenden und seit Ende der 1990er Jahre identifizierten Seuche sind heute Amphibienarten auf nahezu allen Kontinenten betroffen. Mehr als 500 Arten verzeichnen seither einen Populationsrückgang, 90 Arten könnten wegen des Pilzes sogar bereits ausgestorben sein.

Die Amphibien erfüllen jedoch eine wichtige ökologische Funktion. „Frösche kontrollieren den Bestand von Insekten, Pflanzenschädlingen und Moskitos. Wenn ihre Populationen auf der ganzen Welt zusammenbrechen, könnte das verheerende Folgen haben“, sagt Mark Yacoub von der University of California in Riverside. Frösche reagieren zudem empfindlich auf Umweltveränderungen und zeigen damit die Entwicklung des Klimawandels an. „Wenn die Temperaturen wärmer, das UV-Licht stärker und die Wasserqualität schlechter wird, reagieren Frösche darauf. Wenn sie ausgelöscht werden, verlieren wir ein wichtiges Umweltsignal“, erklärt Yacoub.

Virus versteckt sich im Erbgut des Pilzes

Ein Wissenschaftlerteam um Yacoub und Erstautorin Rebecca Clemons von der University of Michigan hat nun durch Zufall einen möglichen Weg gefunden, den Pilz unschädlich zu machen und die Amphibienpandemie zu beenden. Die Biologen entdeckten ein Virus, das einige Stämme des Pilzes infizieren kann. Gefunden haben Clemons und ihre Kollegen das Virus, während sie das Erbgut des Bd-Pilzes untersuchten. Dafür sequenzierten sie die DNA von verschiedenen Pilz-Populationen. Ursprünglich wollten die Biologen so herausfinden, wo der Pilz in den 1990er Jahren herkam und durch welche Mutationen er für Frösche und Kröten tödlich geworden ist.

Bei der Analyse stießen die Forschenden jedoch auf DNA-Abschnitte, die nicht Teil des Pilzerbguts waren. „Wir erkannten, dass diese zusätzlichen Sequenzen, wenn sie zusammengefügt wurden, die Merkmale eines viralen Genoms aufwiesen“, sagt Seniorautor Jason Stajich von der University of California in Riverside. Für die Biologen war dies ein überraschender Fund, denn bei früheren, gezielten Suchen nach einem solchen Virus waren Forschende nicht fündig geworden. Wie konnte sich dieses Virus so gut verstecken? Folgetests ergaben: Anders als die meisten Viren, die Pilze befallen, besitzt das Bd-Virus als Erbgut keine doppelsträngige RNA, sondern einzelsträngige DNA. Dadurch kann das Viren-Erbgut ins Genom des Bd-Pilzes aufgenommen werden, wo es gut getarnt und in den früheren Studien nicht aufgefallen ist.

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Sporenbildende Strukturen des Bd-Pilzes unter dem Mikroskop
Sporenbildende Strukturen des Bd-Pilzes. © Mark Yacoub/UCR

Wie beeinflusst das Virus den Pilzbefall?

Für Bd ist das Virus in seiner natürlichen Form zwar ungefährlich, es könnte jedoch im Labor so verändert werden, dass es die Pilzerkrankung bei Amphibien verhindert oder unschädlich macht, wie das Team berichtet. Denn mit dem Virus befallene Pilze verhalten sich anders als nicht infizierte: „Wenn diese Stämme das Virus besitzen, produzieren sie weniger Sporen, sodass die Pilze sich langsamer verbreiten“, sagt Stajich. Allerdings gilt dies nur für Laborkulturen der Pilze. In Amphibien breiten sich mit dem Virus infizierte Bd-Pilze schneller aus und sind tödlicher für die Tiere, wie Versuche mit Zwergkrallenfröschen ergaben.

Die Forschenden wollen nun das Virus klonen und verschiedene Stämme des Bd-Pilzes damit infizieren, um herauszufinden, wie sie jeweils darauf reagieren. Anschließend könnte die Virus-DNA so verändert werden, dass die Pilze weniger Sporen bilden oder die Kröten und Frösche auf andere Weise nicht länger unter dem Pilzbefall leiden und sterben. Dafür müssen die Biologen jedoch zunächst das Virus selbst besser erforschen und verstehen. „Wir wissen nicht, wie das Virus den Pilz infiziert, wie es in die Zellen gelangt“, sagt Yacoub. „Wenn wir das Virus so manipulieren wollen, dass es Amphibien hilft, brauchen wir Antworten auf Fragen wie diese.“

Quelle: Rebecca Clemons (University of Michigan) et al., Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2024.02.062

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