Afrikanische Dorfwebervögel markieren ihre Eier mit individuellen Mustern, um sie von untergeschobenen Kuckuckseiern unterscheiden zu können. Diese Gewohnheit geben sie jedoch unerwartet rasch auf, wenn kein Kuckuck mehr in der Nachbarschaft lebt, hat nun der Biologe David Lahti entdeckt. Er untersuchte Brutkolonien auf zwei Inseln, wo die Webervögel erst vor 100 bis 200 Jahren eingeführt worden waren, Brutparasiten wie der afrikanische Goldkuckuck aber nicht vorkommen. Schon innerhalb dieser kurzen Zeit verloren sich die auffälligen Muster fast vollständig, beobachtete der Forscher.
Die Heimat der Dorfweber (
Ploceus cucullatus) sind die afrikanischen Regionen südlich der Sahara, wo die Tiere in großen Kolonien zusammenleben. Im selben Verbreitungsgebiet kommt auch der Goldkuckuck (
Chrysococcyx caprius) vor, ein häufiger Brutparasit der Dorfweber. Er legt sein Ei, das denen der Webervögel stark ähnelt, heimlich in deren Nestern ab, um sich vor seinen Elternpflichten zu drücken. Sobald der junge Kuckuck geschlüpft ist, wirft er den rechtmäßigen Nachwuchs der Dorfweber aus dem Nest. Als Brutparasiten können aber auch Artgenossen derselben Vogelkolonie auftreten, was aber weniger schlimme Folgen hat: Der von einem anderen Vogelweibchen untergeschobene Nachwuchs tötet die rechtmäßigen Erben nicht, sondern wird einfach gemeinsam mit diesen aufgezogen.
Damit derartige Täuschungsmanöver, vor allem durch den Goldkuckuck, aber nicht so leicht gelingen, haben die Eier der Dorfweber im Laufe der Evolution charakteristische Muster aus Farben und Flecken angenommen. Innerhalb eines Geleges ist das Muster ziemlich einheitlich, unterscheidet sich aber deutlich von den Eiern anderer Vogelweibchen in der Kolonie. Damit können die Weibchen ihr eigenes Gelege leichter von fremdem Nachwuchs unterscheiden ? egal, ob es von einem Artgenossen oder von einem Kuckuck stammt.
Wenn nun aber die Gefahr durch Kuckucke wegfällt, wird für die Dorfweber ein ausgeprägtes charakteristisches Muster auf den eigenen Eiern überflüssig, fand Lahti heraus. Er untersuchte die Eier von Dorfweber-Kolonien auf Mauritius und Hispaniola, wo es keine Bedrohung durch Brutparasiten gibt. Zum Vergleich sammelte der Forscher Eier von Dorfwebern in Gambia und Südafrika.
Das Ergebnis: Die auf den beiden Inseln gefundenen Eier sind weniger stark gefleckt als die afrikanischen Exemplare. Weil auf den Inseln keine Goldkuckucke vorkommen, sind charakteristisch gemusterte Eier zur Identifizierung des eigenen Nachwuchses für die Vögel nicht mehr notwendig. Das führte innerhalb relativ kurzer Zeit zu einer Abschwächung der Eimuster ? besonders bei Exemplaren auf Hispaniola, wo die Vögel schon vor mehr als 200 Jahren eingeführt worden waren. Auf Mauritius dagegen, wo es Dorfweber erst seit etwa 100 Jahren gibt, seien die Änderungen im Muster noch weniger ausgeprägt, so der Forscher.
David Lahti ( Universität von Massachusetts, Amherst): PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.0508930102). ddp/wissenschaft.de ? Martina Feichter