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Auch Hydrothermalschlote schrieben Klimageschichte

Geowissenschaften

Auch Hydrothermalschlote schrieben Klimageschichte
Analyseergebnisse von Bohrkernen aus einem erkalteten Hydrothermalschlot im Nordatlantik haben klimageschichtliche Hinweise geliefert. © Sandra Herrmann (IODP/JRSO)

Auf der Erdoberfläche können Vulkanausbrüche die Atmosphäre bekanntlich direkt beeinflussen und damit das globale Klima. Doch vor rund 55 Millionen Jahren war dazu offenbar auch unterseeischer Vulkanismus in der Lage, belegt eine Studie: Bei der Geburt des Atlantiks blubberte aus Hydrothermalschloten im Flachwasser offenbar so viel Methan in die Atmosphäre, dass eine starke globale Erwärmung einsetzte. Dies geht aus seismischen Daten und Analyseergebnissen von Bohrkernen aus einem der erkalteten Vulkanschlote am Grund des Nordatlantiks hervor.

Heute sorgt der Mensch durch die massive Freisetzung von Treibhausgasen für eine globale Erwärmung. Doch klar ist, dass in der Erdgeschichte auch natürliche Prozesse immer wieder zu starken Klimaveränderungen geführt haben. Einblicke in die Faktoren der klimageschichtlichen Entwicklung der Erde können dabei dem generellen Verständnis dieses komplexen Systems dienen. In diesem Zusammenhang rückt das internationale Forscherteam um Christian Berndt vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel nun die letzte starke Klimaerwärmung vor unserer Zeit in den Fokus: Das sogenannte Paläozän-Eozän-Temperatur-Maximum vor rund 55 Millionen gipfelte in einer globalen Erwärmung um fünf Grad. Dies brachte auch die Natur durcheinander – viele Lebewesen starben in dieser Zeit aus, geht aus früheren Studien hervor.

Einem erdgeschichtlichen Klimawandel auf der Spur

Der in dieser Zeit bekanntermaßen starke Vulkanismus scheint als Ursache der Klimaerwärmung nahezuliegen, aber genau erklären konnten Geologen den Zusammenhang bisher nicht. Im Rahmen ihrer Studie sind Berndt und seine Kollegen nun einer Vermutung nachgegangen, wonach Vulkanismus im Zuge der Geburt des Atlantiks durch Treibhausgasemissionen maßgeblich zum Paläozän-Eozän-Temperatur-Maximum beigetragen haben könnte. Denn das Meer bildete sich vor rund 55 Millionen Jahren durch das Aufteilen einer einst zusammenhängenden Landmasse. In der Bruchzone kam es dabei zu intensivem Vulkanismus. Seine Spuren zeichnen sich heute noch deutlich am kilometertiefen Meeresgrund zwischen Grönland und Europa ab.

Inwieweit dieser unterseeische Riftvulkanismus aber tatsächlich relevante Mengen des starken Treibhausgases Methan bis in die Atmosphäre gebracht haben könnte, erschien fraglich. Um die Hypothese zu überprüfen, haben die Wissenschaftler nun Informationen ausgewertet, die sie im Rahmen einer Expedition mit dem Bohrschiff „JOIDES Resolution“ zum Vøring-Plateau vor der Küste Norwegens gewonnen haben. Dort führten sie seismische Untersuchungen des Meeresbodens durch und gewannen Bohrkerne aus einem der tausenden von längst erkalteten Hydrothermalschlote in dem einst vom Vulkanismus geprägten Gebiet. Durch ihre Analysemethoden konnten sie strukturelle Hinweise und Informationen zum Alter der Formationen gewinnen.

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Methanfreisetzung im Flachwasser

Wie sie berichten, bestätigten ihre Ergebnisse, dass der vulkanische Schlot kurz vor dem Paläozän-Eozän-Temperatur-Maximum aktiv gewesen war – also Gase aus dem Erdinneren freigesetzt hat. Als die Klimaerwärmung sich dann voll entfaltet hatte, erlosch die Tätigkeit wieder und der entstandene Krater wurde verfüllt, geht aus den Daten hervor. Dieses Timing passte somit bereits zu der Rolle der vulkanischen Tätigkeit bei der Klimaerwärmung. Doch ein weiterer Befund war dabei noch wichtiger: Aus den Merkmalen des Füllmaterials ging hervor, dass der Schlot sich in einer nur relativ geringen Wassertiefe von unter hundert Metern befunden haben muss.

Dabei handelt es sich um einen wichtigen Aspekt, erklärt Berndt: „Das meiste Methan, das heute in der Tiefsee aus aktiven hydrothermalen Quellen in die Wassersäule gelangt, wird durch Oxidation schnell in klimatisch weit weniger wirksames Kohlendioxid umgewandelt. Da der untersuchte Schlot in der Mitte des Grabenbruchs liegt, wo die Wassertiefe am größten sein sollte, ist anzunehmen, dass andere Schlote noch dichter unter der Wasseroberfläche lagen oder sogar aus dem Wasser herausragten. Hierdurch konnten viel größere Mengen an Methan direkt in die Atmosphäre gelangen, als wenn die Schlote in tiefem Wasser aktiv gewesen wären“, sagt Berndt.

Abschließend hebt der Geophysiker noch eine Erkenntnis im Rahmen der Studie hervor, die Bezug zum heutigen Klimawandel hat: “Es zeichnet sich ab, dass es viele Jahrtausende dauerte, bis sich das Klima auf natürliche Weise wieder abkühlte. Das Erdsystem war also damals imstande, sich selbst zu regulieren – allerdings nicht auf Zeitskalen, die für die heutige Klimakrise von Relevanz wären“, sagt Berndt.

Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Fachartikel: Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-023-01246-8

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