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Ältestes Fossil einer Treiberameise entdeckt

Erde|Umwelt

Ältestes Fossil einer Treiberameise entdeckt
Ameisenfossil
Fossil und Rekonstruktion der Treiberameise Dissimulodorylus perseus. © Museum of Comparative Zoology, Harvard University

In einer Sammlung des Museum of Comparative Zoology der Harvard University hat eine Forscherin durch Zufall ein seltenes Fossil einer 35 Millionen Jahre alten Treiberameise entdeckt. Seit fast 100 Jahren befand sich das in Bernstein eingeschlossene Insekt in der Sammlung, war jedoch zuvor falsch klassifiziert worden. Neue Untersuchungen belegen nun, dass es sich um das älteste bekannte Exemplar einer Treiberameise handelt und überdies das erste, das in Europa entdeckt wurde.

Treiberameisen sind bekannt dafür, dass sie in großen Gruppen jagen und ihr Nest regelmäßig verlagern. Das brachte ihnen auch die Namen Heeresameisen und Wanderameisen ein. Diese Bezeichnungen umfassen mehrere Familien von Ameisen, denen der wandernde und räuberische Lebensstil gemeinsam ist und die sich, anders als andere Ameisenarten, über ungeflügelte Königinnen vermehren. Heute gibt es etwa 270 Arten in der östlichen Hemisphäre und etwa 150 in Nord- und Südamerika. In tropischen Regionen spielen sie als gefräßige Raubinsekten eine große Rolle für die Ökosysteme. In Europa dagegen kommen sie heute kaum vor. Fossilien von Treiberameisen gelten als äußerst selten: Da die meisten Arten unterirdisch leben, war es unwahrscheinlich, dass ein Individuum von einem Harztropfen getroffen und dadurch in Bernstein erhalten wurde.

Zufallsfund im Museum

Umso erstaunter war Christine Sosiak vom New Jersey Institute of Technology in Newark, als sie im Museum of Comparative Zoology der Harvard University ein ebensolches Exemplar entdeckte: „Das Museum beherbergt Hunderte von Schubladen voller Insektenfossilien, aber ich stieß zufällig auf ein winziges Exemplar, das als eine gewöhnliche Ameisenart gekennzeichnet war, als ich Daten für ein anderes Projekt sammelte“, erzählt die Forscherin. „Als ich die Ameise unter das Mikroskop nahm, merkte ich sofort, dass die Beschriftung ungenau war – ich wusste, das war etwas ganz anderes.“

Gemeinsam mit ihren Kollegen untersuchte sie das etwa drei Millimeter lange Fossil mit Hilfe von Röntgen- und CT-Scan-Analysen genauer und stellte fest: Es handelte sich tatsächlich um eine Treiberameise, die nah mit den augenlosen Dorylus-Treiberameisen verwandt ist, die heute in Afrika und Südasien vorkommen. Das Forschungsteam gab der neu entdeckten fossilen Spezies den Namen Dissimulodorylus perseus; „dissimulo“ bedeutet verbergen und bezieht sich auf die jahrzehntelang verborgene Identität des Fossils, „perseus“ ist angelehnt an den griechischen Helden Perseus, der der Legende nach die Medusa besiegte, indem er vermied, sie anzusehen – eine Anspielung auf das fehlende Sehvermögen der Ameise. Dissimulodorylus perseus ist erst die zweite fossile Treiberameisenart, die jemals beschrieben wurde.

Uralter europäischer Vertreter

Eingeschlossen ist die Ameise in baltischem Bernstein, der um 1930 ausgegraben wurde. „Jetzt zu erfahren, dass er eine seltene Treiberameise enthielt, ist schon überraschend genug, ganz zu schweigen von dem Beweis, dass diese Ameisen in Europa vorkamen“, sagt Sosiaks Kollege Phillip Barden. Datierungen zufolge stammt das Fossil aus dem Eozän vor 35 Millionen Jahren. „Zu der Zeit, als das Fossil entstand, war es in Europa heißer und feuchter als heute und bot möglicherweise einen idealen Lebensraum für die urzeitlichen Treiberameisen“, so Barden. „Seit dem Eozän durchlief Europa jedoch über mehrere Millionen Jahre hinweg mehrere Abkühlungszyklen, die für diese an die Tropen angepassten Arten unwirtlich gewesen sein könnten.“

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Die Analysen des Körperbaus und spezifischer Merkmale des neu beschriebenen Exemplars ergaben, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Arbeiterin handelte und dass die Art unterirdisch lebte. „Die Arbeiterinnen der Treiberameisen beteiligen sich an Schwärmen und jagen andere Insekten und sogar Wirbeltiere. Da diese Ameisen blind sind, nutzen sie chemische Kommunikationsmittel, um sich untereinander abzustimmen und große Beutetiere zu erlegen“, erklärt Sosiak. „Diese Arbeiterin hat sich möglicherweise zu weit von ihren Jagdgenossinnen entfernt und ist in klebriges Baumharz geraten, das sich schließlich verfestigte und die Ameise so einschloss, wie wir sie heute sehen.“ Zur weiteren Untersuchung wird D. perseus nun wieder im Museum of Comparative Zoology aufbewahrt – nun mit der richtigen Klassifikation.

Quelle: Christine Sosiak (New Jersey Institute of Technology, Newark, New Jersey, USA) et al., Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2022.0398

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