Wie breiteten sich die Dinosaurier über die Welt aus? Einen neuen Puzzlestein zur Beantwortung dieser Frage liefert ein neu entdecktes Fossil aus Simbabwe. Forscher identifizierten hier den ältesten bislang bekannten Dinosaurier Afrikas, der vor rund 230 Millionen Jahren lebte. Das Fossil weist auffallende Ähnlichkeit zu Funden aus Südamerika und Indien auf – Regionen, die auf dem damaligen Superkontinent Pangäa auf dem gleichen Breitengrad wie Simbabwe lagen. Die Entdeckung unterstützt die These, dass die Ausbreitung der frühen Dinosaurier von Klimazonen bestimmt wurde.
Als vor rund 235 Millionen Jahren die Dinosaurier begannen, sich zu verbreiten, waren alle Landmassen der Erde zu einem einzigen Superkontinent vereint: Pangäa. Kontinentalgrenzen oder hohe Gebirge fehlten in dieser Zeit, sodass es kaum geografische Barrieren gab, die ihre Ausbreitung über ganz Pangäa behindern konnten. Dennoch zeigen bisherige Fossilfunde, dass das Verbreitungsgebiet der frühen Dinosaurier zunächst begrenzt war. Sehr alte Fossilien aus der Zeit von vor 230 Millionen Jahren waren bislang nur aus Südamerika und Indien bekannt. Wissenschaftler haben daher die Hypothese aufgestellt, dass Klimagürtel aus gemäßigten und zu trockenen Zonen die Ausbreitung der Dinosaurier lenkten.
Vollständiges Dinosaurierskelett
Geleitet von dieser Hypothese begab sich ein Team um Christopher Griffin von der Virginia Polytechnic Institute and State University in Blacksburg auf die Suche nach Belegen. „Wenn sich die Dinosaurier anfangs unter dem Einfluss der damaligen Klimazonen ausbreiteten, dann sollte eine ähnliche Ansammlung wie in Südamerika und Indien – einschließlich der frühesten Dinosaurier – in den karnischen Ablagerungen im südlichen Zentralafrika zu finden sein“, beschreiben die Forscher ihre Überlegungen. Daher begannen sie mit Ausgrabungen in Simbabwe – und wurden tatsächlich fündig. Im Distrikt Mbire im nördlichen Simbabwe stießen auf eine bislang unbekannte Ansammlung von Fossilien, die auf das karnische Zeitalter vor rund 230 Millionen Jahren datiert werden.
Neben vielen Fossilien kleinerer Tiere wie frühen Verwandten der Säugetiere und urzeitlichen Reptilien stießen die Forscher auf eine Überraschung: Sie fanden ein nahezu vollständiges Skelett eines bislang unbekannten Dinosauriers. „Wir hätten nie erwartet, ein so vollständiges und gut erhaltenes Dinosaurierskelett zu finden“, sagt Griffin. „Als ich den Oberschenkelknochen fand, erkannte ich sofort, dass er zu einem Dinosaurier gehörte, und mir wurde klar, dass ich den ältesten jemals in Afrika gefundenen Dinosaurier in Händen hielt. Als ich weitergrub und den linken Hüftknochen direkt neben dem linken Oberschenkelknochen fand, wusste ich, dass ein großer Teil des Skeletts wahrscheinlich noch in Lebensstellung zusammengefügt war.“
Geografische Lücke gefüllt
Das Tier war etwa zwei Meter lang, hatte einen langen Hals und einen langen Schwanz und stand wahrscheinlich auf zwei Beinen. Sein Kopf war relativ klein und er hatte kleine, gezackte Zähne, war also wahrscheinlich ein Pflanzenfresser oder ein Allesfresser. Die Forscher gaben der neu entdeckten Spezies den Namen Mbiresaurus raathi – benannt nach der Fundregion sowie zu Ehren des Paläontologen Michael Raath, der erstmals Fossilien im Norden Simbabwes entdeckt hatte.
„Die Entdeckung von Mbiresaurus raathi füllt eine kritische geografische Lücke im Fossilbericht der ältesten Dinosaurier und zeigt, wie gut hypothesengeleitete Feldforschung Vorhersagen über die Vergangenheit überprüfen kann“, so Griffin. Das Alter des Mbiresaurus entspricht dem der ältesten Exemplare aus anderen Teilen der Welt. Griffin erklärt: „Die ältesten bekannten Dinosaurier – aus der karnischen Stufe der späten Trias vor etwa 230 Millionen Jahren – sind extrem selten und wurden weltweit nur an wenigen Orten gefunden, vor allem in Nordargentinien, Südbrasilien und Indien.“ Diese Regionen lagen auf dem Urkontinent Pangäa ebenso wie Mbire etwa auf dem 50. südlichen Breitengrad.
Klimagürtel bestimmten Ausbreitung
Das Klima auf Pangäa war damals geprägt von einer hohen Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre und voneinander abgrenzten Klimagürteln mit teils sehr feuchten, teils sehr trockenen Bedingungen. Im Bereich des 50. Breitengrads herrschte wahrscheinlich ein gemäßigtes Klima vor, während sich weiter nördlich, Richtung Äquator, lebensfeindliche Wüstenlandschaften befanden. „Die Verbreitung der ersten Dinosaurier steht in Zusammenhang mit diesen Klimabarrieren, und die Ausbreitung der Dinosaurier auf den Rest des Superkontinents verzögerte sich, bis sich diese Barrieren lockerten“, schreiben die Autoren. „Das deutet darauf hin, dass die anfängliche Zusammensetzung der terrestrischen Faunen, die bis heute bestehen, durch klimatische Einflüsse bestimmt wurde.“
Quelle: Christopher Griffin (Virginia Tech, Blacksburg) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-022-05133-x