Wollen wir vor allem im Vergleich zu anderen besonders gut abschneiden oder uns hauptsächlich selbst verbessern? Die Antwort auf diese Frage bestimmt die Wahrscheinlichkeit für abergläubisches Verhalten. Ob wir Glücksbringer, Talismane oder Maskottchen zur Hilfe nehmen, hängt laut einer aktuellen Studie nämlich stark davon ab, von welchen Motiven unser Ziel geprägt ist, genauer: davon, ob wir ein Leistungsziel oder ein Lernziel verfolgen.
Wer ein Leistungsziel anstrebt, will sich nach der psychologischen Definition profilieren und besser sein als andere – vor allem will derjenige von seinen Mitmenschen als erfolgreich angesehen werden. „Als Musiker wäre man dann zum Beispiel hauptsächlich auf den Applaus des Publikums aus, als Schüler möchte man von seinem Lehrer eine gut Note bekommen”, erklärt Studienautor Eric Hamerman von der Tulane Universität. Demnach sind Leistungsziele extrinsisch motiviert. Lernzielen liegt dagegen eine intrinsische Motivation zugrunde, sie werden weniger stark von äußeren Umständen beeinflusst. Wer ein Lernziel verfolgt will vor allem Neues lernen und seine eigenen Fähigkeiten verbessern. Erfolg oder Misserfolg wird dabei innerlich, für sich selbst bemessen – ohne Bezug auf andere. Am Beispiel des Musikers könnte das etwa bedeuten: Man möchte ein besonders anspruchsvolles Musikstück beherrschen.
Leistungsziele fördern abergläubisches Verhalten
Gemeinsam mit seinem Kollegen Carey Morewedge von der Boston Universität hat Hamerman untersucht, inwiefern die Art des anvisierten Ziels beeinflusst, ob jemand zu abergläubischem Verhalten tendiert oder nicht. Um das zu überprüfen, führten die Psychologen sechs verschiedene Versuche durch. Unter anderem erklärten sie einer Teilnehmergruppe, ein bestimmter Stift habe schon vielen Erfolg beschert, während sie der Kontrollgruppe nichts von dieser angeblichen glückbringenden Eigenschaft sagten. Anschließend sollten alle Probanden für verschiedene (Lern- und Leistungs-)Ziele angeben, ob sie dafür zu diesem Stift greifen würden. In einem anderen Test wurden zwei Avatare in einem Videospiel entweder mit Erfolg oder Scheitern in einem Spielszenario assoziiert: Während die Teilnehmer spielten, machten sie die Erfahrung, dass sie mit einem bestimmten Avatar (einem männlichen Teenager) einen Großteil der Spiele gewannen, während sie mehrheitlich verloren, wenn sie den anderen Avatar (einen männlichen Wissenschaftler im Laborkittel) benutzten. Die Forscher beobachteten dann, welchen dieser Avatare die Probanden für ein Wissenschafts-Quiz wählten, dass sie anschließend am Computer durchführen sollten. Dabei erhielt ein Teil der Probanden die Aufgabe, besser zu sein als die anderen Teilnehmer. Der andere Teil der Gruppe sollte hingegen das Ziel anstreben, das eigene Wissen über Wissenschaft zu verbessern. Das Ergebnis: Jene Teilnehmer mit dem Leistungsziel wählten öfter den Teenager Avatar – verglichen mit einer Kontrollgruppe, die keine Vorerfahrungen mit den zwei Avataren gesammelt hatte. Bei den Probanden mit einem Lernziel konnten die Forscher bei der Vorliebe zu dem einen oder anderen Avatar hingegen keinen Unterschied zur Kontrollgruppe feststellen.
Glücksbringer schenkt Zuversicht
Alle durchgeführten Versuche zeigen ähnliche Resultate wie der Avatar-Test: Menschen verhalten sich schnell abergläubisch, wenn sie ein Leistungsziel verfolgen, nicht aber, wenn sie ein Lernziel anstreben. Ein entscheidender Faktor dabei ist die Unsicherheit, wie auch schon frühere Studien gezeigt haben. Je unsicherer es schien, ein bestimmtes Leistungsziel erreichen zu können, desto eher besannen sich die Versuchsteilnehmer auf ihren Aberglauben. Bei Lernzielen spielt dieser Faktor hingegen laut den Studienautoren keine Rolle.
Und auch wenn der Aberglaube rational gesehen kompletter Unfug ist, so hat er Hamerman und Morwedge zufolge doch einen positiven Effekt: Er schenkt Zuversicht. Wer weiß, dass er einen Glücksbringer an seiner Seite hat, glaubt eher daran, sein Leistungsziel erreichen zu können, als jemand, dem ein Unglücksobjekt zugeteilt wurde.