Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Was die Säuger in der Dino-Ära hemmte

Paläontologie

Was die Säuger in der Dino-Ära hemmte
Vertreter früher Säugetierlinien wie dieser vergleichsweise große Gobiconodon könnten die Entwicklung der Vorfahren der modernen Säugetiere in der Zeit der Dinosaurier unterdrückt haben. (Künstlerische Darstellung: Corbin Rainbolt)

Das Massenaussterben ebnete ihnen den Weg, heißt es. Doch möglicherweise begrenzten nicht nur die Dinosaurier die Entwicklung der Vorfahren der heutigen Säugetiere in der Kreidezeit, sondern auch ihre damals noch existierenden Säuger-Verwandten, geht aus einer Studie hervor. Demnach gab es in dieser Zeit einen komplexen Wettbewerb zwischen verschiedenen Säugetiergruppen. Erst die neuen Umstände nach dem Massenaussterben schufen dann die Grundlage für die Karriere der Vorfahren unserer heutigen Säugetiere.

Von Fledermaus, Känguru, Blauwal bis hin zum Menschen – die meisten der heute lebenden Säugetierarten gehen auf Gruppen zurück, die sich nach dem katastrophalen Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren explosionsartig entwickelten. Traditionell wurde angenommen, dass sie zuvor von den Dinosauriern unterdrückt wurden: Da die vielgestaltigen Herrscher dieser Ära die ökologischen Nischen besetzt hielten, war die Entwicklung der später so erfolgreichen Vertreter der Theria – der Beutel- und Plazentatiere – gehemmt. Es schien, als ob diese Säugetiere erst neue Formen und Lebensweisen hervorbringen konnten, nachdem die Dinosaurier die Bühne der Evolution freigegeben hatten.

Begrenzungen auf der Spur

Doch die aktuelle Studie zeichnet nun ein komplexeres Bild der einstigen Entwicklungsbegrenzungen, bei denen nun der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Entwicklungslinien der Säugetiere in den Fokus rückt. Denn in der Ära der Dinosaurier existierten neben den damals kleinen Vorfahren der Beutel- und Plazentatiere noch weitere Gruppen der Säuger. Zu ihnen gehörten etwa die Eutriconodonta, von denen einige Vertreter ein Gewicht von über zehn Kilogramm erreichten. “Es gab in dieser Zeit Säugetiere, die auch gleitende, schwimmende und grabende Arten umfassten – aber keines dieser spezialisierten Säugetiere gehörte zu den modernen Gruppen – sie stammten alle von früheren Zweigen des Säugetierstammbaums ab”, sagt Co-Autorin Elsa Panciroli von der Oxford University.

Im Rahmen ihrer Studie sind sie und ihre Kollegen durch statistische Methoden der Frage nachgegangen, wie eingeschränkt verschiedene Gruppen von Säugetieren in ihrer Evolution vor und nach dem Massenaussterben waren. Dabei wurden Merkmale der verschiedenen Säuger-Arten und ihrer Entwicklungslinien erfasst und ausgewertet, die neben den Dinosauriern lebten. Wie die Wissenschaftler erklären, sind anhand von bestimmten Mustern Rückschlüsse auf die evolutionären Begrenzungen möglich, die durch die Konkurrenz mit anderen Tieren entstanden sein könnten.

Anzeige

Die Verwandtschaft stand im Weg

Wie sie berichten, deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass nicht primär die Dinosaurier den Vorfahren der modernen Säugetiere die größten Beschränkungen auferlegten, sondern zunächst ihre engsten Verwandten. Denn die Forscher konnten verdeutlichen, dass die Theria im Vergleich zu den anderen Vertretern der Säugetiere in der Ära der Dinosaurier wenige Veränderungen bei Merkmalen wie Größe oder Strukturen von Zähnen und Knochen hervorbrachten: Sie blieben vergleichsweise unspezialisiert. Die direkte Konkurrenz mit den Dinosauriern als Ursache für ihre geringe Entwicklung erscheint dabei eher wenig plausibel, betonen die Forscher.

Ihnen zufolge legen die Ergebnisse stattdessen nahe, dass die Theria im Schatten der anderen Säugetierformen standen: Da diese bereits größere Körper und spezielle Lebensweisen wie Klettern, Schwimmen oder Gleiten hervorbrachten, blieb den Theria demnach eher wenig Entwicklungsspielraum. Deshalb blieben sie in dieser Zeit klein und generalistisch in ihren Lebensweisen. „Unserer Ergebnisse legen nahe, dass vor dem Aussterben die Vertreter der früheren Linien der Säugetiere die modernen Säugetiere von vielen ökologischen Rollen ferngehalten haben, indem sie sie verdrängten”, resümiert Erstautor Neil Brocklehurst von der University of Oxford.

Erst nachdem viele der spezialisierten Säuger gemeinsam mit den Dinosauriern ausgestorben waren, konnten sich die Vorfahren der modernen Säugetiere entfalten und schließlich durchsetzen, lassen die Studienergebnisse vermuten. Ähnlich wie ihre Verwandten zuvor entwickelten sie zunächst neue Formen und Lebensweisen und im Verlauf ihrer weiteren Evolution konnten sie schließlich auch viele der ökologischen Nischen ausfüllen, die einst den Dinosauriern vorbehalten gewesen waren.

„Die meisten Studien zur Entwicklungsgeschichte der Säugetiere haben sich darauf konzentriert, wie schnell sie sich entwickelt haben, aber Analysen dazu, welche Grenzen es für die Evolution gab, bieten nun neue interessante Perspektiven“, sagt Brocklehurst. „Durch neue Untersuchungsmöglichkeiten befindet sich die Paläontologie momentan in einer Umbruchszeit. Wir müssen wohl viele bisherige Annahmen neu überdenken“, so der Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Oxford University, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2021.04.044

Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Hin|ter|glas|ma|le|rei  〈f. 18〉 Malerei mit lichtundurchlässigen Farben auf der Rückseite einer Glastafel

Da|vit  〈[dvıt] od. [davıt] m. 6 od. n. 15; Mar.〉 schwenk– od. kippbarer eiserner Kranbalken zum Bewegen kleiner Lasten an Bord, für Rettungsflöße [engl.]

Mo|le|kül  〈n. 11; Chem.〉 kleinstes Teilchen einer chem. Verbindung aus zwei od. mehr Atomen [<frz. molécule … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige