Ein Wesen, wie nicht von dieser Welt: Der Fadenwurm Halicephalobus mephisto lebt 1,3 Kilometer tief unter der Erde bei hohen Temperaturen und Sauerstoffmangel. Nun haben Forscher das Erbgut des „Teufelswurms“ sequenziert. Er ist demnach „höllisch“ gut an seinen Lebensraum angepasst: Unter anderem wappnet ein erweitertes Repertoire von Genen für Hitzeschockproteine ihn gegen hohe Temperaturen. Auch die NASA interessiert sich für die Geheimnisse des „irdischen Aliens“, denn seine Existenz legt nahe: Auch scheinbar tote Himmelskörper könnten Leben im Untergrund besitzen.
Die teuflische Figur „Mephisto“ aus Goethes Faust stand für seinen Namen Pate: Entdeckt wurde Halicephalobus mephisto im Jahr 2008 von einem Forscherteam in einer Goldmine in Südafrika. Die Wissenschaftler waren eigentlich auf der Suche nach unterirdischen Bakteriengemeinschaften in 1300 Metern Tiefe. Doch wie sie feststellten, gab es dort unten nicht nur Einzeller, sondern sogar tierisches Leben: Neben Rädertierchen stießen sie auf den skurrilen Fadenwurm. Er lebt in Gesteinsritzen, die Wasser enthalten, das Untersuchungen zufolge von der Biosphäre der Oberfläche isoliert ist. Der etwa 0,5 Millimeter lange Winzling frisst dort Bakterien, die ihre Energie aus dem Abbau von mineralischen Substanzen gewinnen.
An die Wärme der Tiefe angepasst
In seinem Lebensraum ist der Teufelswurm starken Herausforderungen für ein tierisches Lebewesen ausgesetzt: Die Temperaturen steigen über 37 Grad Celsius, es herrscht Sauerstoffmangel und Methan durchdringt das Gestein. Um Einblicke in die Anpassungen von Halicephalobus mephisto zu gewinnen, haben die Forscher um John Bracht von der American University in Washington nun das Genom des Wurms sequenziert und auch die erzeugten Proteine analysiert – das Transkriptom. So konnten sie die Merkmale mit denen von anderen Fadenwürmern sowie weiteren Lebewesen vergleichen.
Wie sie berichten, spiegelt sich die Besonderheit des Teufelswurms tatsächlich auch in seinem Erbgut wider: Ungefähr ein Drittel der Gene von H. mephisto sind neu. Besonders auffällig ist, dass das Genom des Wurms ein erweitertes Repertoire von Genen aufweist, die sogenannte Hitzeschockproteine kodieren, die als Hsp70s bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um Substanzen, die auch bei anderen Lebewesen Hitzeschäden im Gewebe reparieren. Eine ähnliche Erweiterung gibt es zudem bei AIG1-Genen, die ebenfalls eine bekannte Rolle bei Schutzmechanismen in Tieren und Pflanzen spielen, berichten die Forscher.
Einblick in den Code eines „irdischen Aliens“
“Der Teufelswurm kann sich in seinem unterirdischen Lebensraum schlecht davonmachen, wenn die Lage problematisch wird”, erklärt Bracht. “Es blieb ihm deshalb wohl nichts anderes übrig, als Anpassungsfähigkeit hervorzubringen“. Interessanterweise stießen die Wissenschaftler bei ihren Recherchen auf weitere Beispiele von Tieren, bei denen dieselben zwei Genfamilien, Hsp70 und AIG1, erweitert wurden. Offenbar ist dies bei sesshaften Weichtieren wie Muscheln der Fall, die ebenfalls nicht entkommen können, wenn die Umgebungstemperatur kritische Werte erreicht. „Es scheint sich abzuzeichnen, dass ein Tier zusätzliche Kopien dieser Gene anfertigt, um zu überleben, wenn es Hitzestress nicht entkommen kann”, sagt Bracht.
Es bleibt abzuwarten, was die Wissenschaftler noch über die genetischen Besonderheiten des nun sequenzierten Teufelswurms herausfinden können. Für ihre Ergebnisse interessiert sich auch die NASA – die Weltraumagentur unterstützt das Forschungsprojekt. In diesem Zusammenhang berichtet Bracht, wie er bei der Ankunft der ersten Würmer aus der südafrikanischen Mine in seinem Labor scherzte: „Die Aliens sind gelandet“. Dieser Vergleich ist ihm zufolge berechtigt: „Wir beschäftigen uns hier mit einem Tier, das sich an eine Umgebung angepasst hat, die für komplexes Leben als unbewohnbar angesehen wurde: Es lebt im tiefen terrestrischen Untergrund”, sagt Bracht. “Diese Untersuchungen könnten uns somit nun dazu motivieren, die Suche nach außerirdischem Leben auf tiefe Bereiche des Untergrunds von scheinbar unbewohnbaren Planeten auszuweiten”, so der Wissenschaftler.
Quelle: American University, Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-13245-8