Mammut und Co wurden zur Jagdbeute – wo sich Homo sapiens einst breitmachte, verschwanden häufig die Großtiere. Dabei stellt sich die Frage: Hatten auch schon die Vorfahren des anatomisch modernen Menschen beim Niedergang der heute ausgestorbenen Großtiere Afrikas ihre Hand im Spiel? In diesem Fall sprechen die Indizien für die Unschuld der Angeklagten, berichten Forscher. Offenbar brachten ökologische Veränderungen den einstigen Riesen Afrikas das Aus.
Afrika besitzt heutzutage die größte Vielfalt an großen Säugetieren: Elefant, Flusspferd, Giraffe und zwei Nashornarten bilden die dortige Megafauna. Doch vor noch gar nicht allzulanger Zeit hatten auch die anderen Kontinente eine ähnliche Menagerie an großen Pflanzenfressern zu bieten: Verschiedene Vertreter der Rüsseltiere sowie einige weitere tonnenschwere Tierarten aus verschiedenen Familien lebten in Eurasien und Amerika. Auch in Australien gab es in dieser Zeit Giganten: Der südliche Kontinent war die Heimat riesiger Vertreter der Beuteltiere.
Doch in den letzten 50.000 Jahren verschwanden diese eindrucksvollen Wesen – verdächtigerweise genau zu der Zeit, als sich in ihrem jeweiligen Lebensraum ein invasives, räuberisches Wesen ausbreitete: Homo sapiens. Seit einiger Zeit gibt es unter Wissenschaftlern eine Debatte darüber, inwieweit der moderne Mensch oder aber Klimaveränderungen zum Aussterben der Megafauna geführt haben. Mittlerweile scheint klar, dass der Mensch in einigen Fällen zumindest einen deutlichen Beitrag zum Niedergang geleistet hat.
Einem Verlust der Vielfalt auf der Spur
Zum Aussterben der Megafauna kam es in den letzten 50.000 Jahren praktisch in allen Regionen der Welt – außer in einer: in Afrika. Dort überstanden die meisten großen Säugetiere diese Zeit. Vermutlich konnten sich die heutigen Großtiere dort besser an den Menschen anpassen, denn von diesem Kontinent stammt er. Möglicherweise haben die frühen Hominiden allerdings schon deutlich früher die einstigen Vertreter der Megafauna Afrikas in Bedrängnis gebracht und zu ihrem Aussterben beigetragen, besagt eine These. Denn einst war die Vielfalt auch in Afrika noch deutlich größer als heute: Zum Beispiel teilte vor drei Millionen Jahren die berühmte Australopithecus-afarensis-Frau “Lucy” ihre bewaldete Heimat unter anderem mit drei Arten von Giraffen sowie mit gleich vier unterschiedlichen Vertretern der Rüsseltiere.
“Bisher ist die Annahme, wonach frühe Hominiden die einstige Megafauna Afrikas beeinflusst haben, nicht systematisch überprüft worden”, sagt J. Tyler Faith von der University of Utah in Salt Lake City. Um dies nun nachzuholen, haben er und seine Kollegen die langfristigen Veränderungen der Bestände der ostafrikanischen großen Pflanzenfresser anhand eines Datensatzes von mehr als 100 fossilen Hinweisen aus den letzten sieben Millionen Jahren erfasst. Das Team untersuchte zudem Informationen über Klima- und Umwelttrends in dieser Zeit sowie deren Auswirkungen auf die Ökosysteme Afrikas. Diese Daten verglichen sie wiederum mit Informationen über die Entwicklungsgeschichte der Hominiden in Ostafrika.
Ökologische Faktoren ausschlaggebend
Ihre Auswertungen dokumentierten zunächst, welch deutlichen Schwund es im Laufe der Zeit bei den Vertretern der Megafauna Afrikas gegeben hat: 28 Linien starben demnach im Untersuchungszeitraum aus. “Unsere Analysen zeigen allerdings, dass der Rückgang der Vielfalt bereits vor rund 4,6 Millionen Jahren einsetzte. Das Aussterben begann demnach bereits lange bevor es Hominiden gab, die durch den Gebrauch von Werkzeugen in der Lage gewesen wären, so große Tiere zu erlegen. Erst Homo erectus könnte vor etwa einer Million Jahren entsprechende Fähigkeiten hervorgebracht haben”, sagt Faith.
Wie er und seine Kollegen berichten, zeichnet sich in ihren Ergebnissen ein anderer Grund für den Niedergang der großen Pflanzenfresser ab: “Der entscheidende Faktor scheint die Ausdehnung des Graslandes gewesen zu sein, was wahrscheinlich mit dem damaligen Rückgang der Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre zusammenhing”, sagt Co-Autor John Rowan von der University of Massachusetts in Boston. “Niedrige CO2-Werte begünstigen die Entwicklung von Gräsern im Gegensatz zu Bäumen. Wir wissen, dass viele der ausgestorbenen Riesen die Baumvegetation fraßen. Demnach scheinen sie gemeinsam mit ihrer Nahrungsquelle verschwunden zu sein”, erklärt Rowan.
“Wenn wir alle potenziellen Treiber des Niedergangs der einstigen Vertreter der Megafauna in Afrika betrachten, deuten unsere Analysen darauf hin, dass die Veränderung des Klimas und der Umwelt die Schlüsselrolle gespielt haben”, resümiert Faith das Ergebnis der Studie. Er und seine Kollegen kommen damit auch zu dem Schluss, dass unsere afrikanischen Ahnen wohl noch keine Ausrotter waren. Dieses kritische Merkmal hat offenbar erst Homo sapiens hervorgebracht, sagen die Wissenschaftler.