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Mittelalterliche Dürre: Parallelen zum aktuellen Klima?

Erde|Umwelt

Mittelalterliche Dürre: Parallelen zum aktuellen Klima?
Trockenheit
Vor gut 700 Jahren war es schon einmal so trocken wie im Jahr 2018. (Bild: landschaftsfoto/ iStock)

Die Gegenwart ist nicht die erste Periode, in der es in Mitteleuropa zu wenig regnete: Am Übergang von der mittelalterlichen Warmzeit zur Kleinen Eiszeit zwischen 1302 und 1307 gab es ebenfalls bereits extreme Dürreperioden. Das haben Forscher anhand historischer Dokumente rekonstruiert. Die damalige Klimalage weist Parallelen zu heutigen Wetterereignissen auf, etwa dem sehr warmen, trockenen Sommer 2018. Gründe dafür könnten besonders stabile Hoch- und Tiefdruckgebiete gewesen sein sowie geringer werdende Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und mittleren Breitengraden.

Von 1315 bis 1321 herrschte in Europa die größte Hungersnot des Jahrtausends. Vorangegangen waren einige kalte, feuchte Jahre mit schlechten Ernten. Aus Klimaarchiven wie Baumringen ist das gut belegt. Ein geringerer wissenschaftlicher Fokus lag bisher auf den Jahren davor. Sie markieren den Beginn einer Phase des rapiden Klimawandels, die nach dem italienischen Dichter Dante Alighieri als „Dante-Anomalie“ bezeichnet wird. Die darauf folgenden 1310er Jahre gelten als Übergangsphase von der durch relativ hohe Temperaturen geprägten hochmittelalterlichen Klimaanomalie zur Kleinen Eiszeit, die kühl-feuchtes Klima brachte.

Historische Dokumente als Quellen

Ein Team um Martin Bauch vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) hat nun die “Dante-Anomalie” näher in den Blick genommen. Dazu zogen sie zahlreiche historische Quellen heran: regionale Chroniken, Städtebücher und Verwaltungsschriften aus dem heutigen Frankreich, Italien, Deutschland, Polen und Tschechien. Darin fanden sie unter anderem Informationen zu Ernteerträgen und Stadtbränden – wichtige Indikatoren für klimatische Faktoren wie Temperatur und Niederschlag.

„Wir wollen damit zeigen, dass der historische Klimawandel viel besser rekonstruiert werden kann, wenn nicht nur Klimaarchive wie Baumringe oder Sedimentkerne genutzt werden, sondern auch historische Quellen“, erklärt Bauch. „Das Einbeziehen der geisteswissenschaftlichen Forschung trägt deutlich dazu bei, die gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels in der Vergangenheit besser zu verstehen und Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen.“

Extreme Dürren in Europa

Den Analysen zufolge herrschte von 1302 bis 1304 eine starke Trockenheit südlich der Alpen, während zumindest das Jahr 1302 nördlich der Alpen noch recht regenreich war. Zwischen 1304 und 1306 änderte sich dies jedoch und auch in den Regionen nördlich der Alpen ware es besonders heiß und trocken, verbunden mit Ernteausfällen und Stadtbränden. „Auch aus dem Nahen Osten berichten Quellen von großer Dürre. So führte der Nil beispielsweise ungewöhnlich wenig Wasser. Wir denken daher, dass die Dürre 1304-06 nicht nur ein regionales Phänomen war, sondern wahrscheinlich transkontinentale Ausmaße hatte“, berichtet Bauchs Kollege Thomas Labbé.

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Anhand der historisch dokumentierten Auswirkungen rekonstruierte das Team die Wetterlagen der Sommer 1302 bis 1307. Durch Auswertungen der Dürre von 2018 und ähnlichen Extremereignissen ist inzwischen bekannt, dass in solchen Fällen oft eine sogenannte „Niederschlagsschaukel“ vorherrscht: extrem hohe Niederschläge in einem Teil von Europa und extrem niedrige Niederschläge in einem anderen. „Die Ursache dafür liegt meist in stabilen Hoch- und Tiefdruckgebieten, die ungewöhnlich lange in einer Region verharren. 2018 lagen beispielsweise sehr stabile Tiefs lange über dem Nordatlantik und Südeuropa, was zu starken Niederschlägen dort und einer extremen Dürre dazwischen in Mitteleuropa führte“, erläutert Co-Autor Patric Seifert vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS).

Übergangszeit mit Parallelen zu heute

Zwischen 1303 und 1307 könnte der Studie zufolge ebenfalls ein stabiles Hoch über Mitteleuropa gelegen haben, einhergehend mit starker Dürre. Solche stabilen Extremwetterlagen können nach heutigen Erkenntnissen dadurch entstehen, dass die sich Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und mittleren Breiten verringern und so die atmosphärische Dynamik abnimmt. Dieses Thema ist aktuell besonders relevant, da sich die Arktis in den vergangenen Jahrzehnten mehr als doppelt so stark erwärmt hat wie andere Regionen. „Auch wenn es sich im Mittelalter um eine Phase der Abkühlung handelte und wir jetzt in einer Phase der menschgemachten Erwärmung leben, könnte es Parallelen geben: Die Übergangszeit zwischen zwei Klimaphasen könnte durch geringere Temperaturunterschiede zwischen den Breitengraden geprägt sein und länger anhaltende Großwetterlagen verursachen, was eine Zunahme von Extremereignissen erklären könnte“, so Seifert.

Trotz der möglichen Parallelen zwischen dem mittelalterlichem und dem heutigen Klimawandel weisen die Forscher allerdings darauf hin, dass die Studie schwerlich Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung unseres Klimas zulässt: „Während im 14. Jahrhundert noch natürliche Schwankungen des Klimas dominierten, ist es heute der Einfluss des Menschen auf das Klima“, so Bauch.

Quelle: Martin Bauch (Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa) et al., Climate of the Past, doi: 10.5194/cp-16-2343-2020)

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