Das berüchtigte Treibhausgas hat auch eine günstige Wirkung auf das Klima: Steigende Kohlendioxidwerte in der Luft verstärken das Pflanzenwachstum. Doch dieser Effekt wird bisher überschätzt, geht aus einer Studie hervor. Demnach hat die Düngewirkung in den vergangenen Jahrzehnten deutlich nachgelassen. Die Wachstumsförderung wird den Ergebnissen zufolge nun zunehmend durch Wasser- und Nährstoffmangel begrenzt. Dies sollten Modelle zur zukünftigen Entwicklung des Weltklimas berücksichtigen, sagen die Wissenschaftler.
Wir haben der Erde Fieber verpasst: Die Menschheit reichert die Erdatmosphäre zunehmend mit dem Treibhausgas Kohlendioxid an und sorgt dadurch für steigende Temperaturen. Um die weitere Entwicklung des Problems einzuschätzen und nötige Maßnahmen abzuleiten, wird viel gerechnet und modelliert. Dabei bilden Informationen über das Aufnahmepotenzial der Natur für das Kohlendioxid aus der Atmosphäre eine wichtige Grundlage. Klar ist: Die Vegetation der Erde schluckt große Mengen CO2 und wirkt dadurch als Senke im Klimasystem.
Der Grund dafür ist, dass das Gas ein Grundelement der Photosynthese bildet: Pflanzen nehmen CO2 über ihre Spaltöffnungen aus der Luft auf und produzieren daraus mit dem Licht als Energiequelle Kohlenstoffverbindungen, welche die Grundlage der Nahrungsketten bilden. Es ist bekannt, dass erhöhte CO2-Werte das Pflanzenwachstum ankurbeln und damit den Puffereffekt der Vegetation verstärken können. Dieser Düngeeffekt wurde auch auf globaler Ebene bereits nachgewiesen. Die steigenden Kohlendioxidkonzentrationen haben demnach die Welt ergrünen lassen und dadurch wurde das Treibhausgas wiederum verstärkt gebunden.
Mehr hilft nicht mehr so viel
Doch hat sich dieser Düngeeffekt im Rahmen des Klimawandels entwickelt? Um dieser Frage nachzugehen, hat ein internationales Forscherteam umfangreiche Daten von Satelliten und von Messungen am Boden aus dem Zeitraum von 1982 bis 2015 ausgewertet und modelliert. Wie sie erklären, ist es durch den Blick aus dem All möglich, großräumig Rückschlüsse auf die Entwicklung der Vegetation und auch auf die fotosynthetische Aktivität der Pflanzen zu ziehen. Dazu dienen bestimmte Reflexionsmerkmale und auch Fluoreszenzeffekte, die mit dem Pflanzenfarbstoff Chlorophyll verbunden sind. So konnten die Forscher untersuchen, wie sich die Vegetation im Zuge der steigenden Kohlendioxidkonzentrationen in den letzten Jahrzehnten verändert hat und damit waren auch Rückschlüsse auf die Entwicklung des Düngeeffekts des Gases möglich.
Wie sie nun berichten, ist er offenbar deutlich zurückgegangen: “In dieser Studie haben wir durch die Analyse der besten verfügbaren Langzeitdaten herausgefunden, dass der globale durchschnittliche CO2-Düngeeffekt seit 1982 stetig von 21 Prozent auf 12 Prozent pro 100 parts per million CO2 in der Atmosphäre gesunken ist”, resümiert Co-Autor Ben Poulter vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt . “Mit anderen Worten: Das Potenzial der terrestrischen Ökosysteme als günstiger Faktor schwindet”, so der Wissenschaftler. Aus den Ergebnissen geht in diesem Zusammenhang hervor, dass 86 Prozent der Landökosysteme weltweit immer weniger effizient bei der CO2-Absorption werden. Man ging zwar bereits von einem rückläufigen Trend aus, doch der Rückgang ist den neuen Studienergebnissen zufolge stärker ausgeprägt als bisher gedacht, erklären die Wissenschaftler.
Überfluss trifft zunehmend auf Mangel
Als Ursache für den schwindenden Effekt des Kohlendioxids bei der Wachstumssteigerung sehen die Wissenschaftler ein Prinzip, das jeder auch bei seinen heimischen Zimmerpflanzen feststellen kann: Wenn man sie nicht ausreichend mit Wasser versorgt, steigert auch mehr Dünger das Wachstum nicht. Entsprechend kann auch ein Überfluss an CO2 die Entwicklung der Vegetation auf der Erde immer weniger ankurbeln, wenn ein Mangel an Wasser und Mineralstoffen vorliegt.
Genau dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Forscher wider: “Unseren Daten zufolge scheint es so zu sein, dass sowohl eine Feuchtigkeits- als auch eine Nährstofflimitierung ins Spiel kommen”, so Poulter. “In den Tropen gibt es oft einfach nicht genügend Stickstoff- oder Phosphorverbindungen und in den gemäßigten und borealen Regionen ist die Bodenfeuchtigkeit aufgrund der jüngsten Erwärmung jetzt stärker limitierend als die Lufttemperatur.” Somit schwächen die Folgen der Klimaerwärmung die Fähigkeit der Pflanzen in weiten Teilen des Planeten ab, den weiteren Klimawandel abzumildern, resümieren die Forscher.
“Diese Beobachtungen können uns nun helfen, Modelle weiterzuentwickeln, um Ökosystemprozesse, Klima und CO2-Rückkopplungen realistischer zu berücksichtigen“, sagt Poulter. Konkret sollte demnach nun die abnehmende Effizienz der Kohlenstoffaufnahme von Landökosystemen in die Einschätzung von Kohlenstoffbudgets einfließen. “Das bedeutet, dass wir, um eine Erwärmung von 1,5 oder 2 Grad Celsius und die damit verbundenen Klimaauswirkungen zu vermeiden, noch weniger Kohlendioxid freisetzen dürfen”, so Poulter.
Quelle: NASA, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.abb7772