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Hitzewellen in Seen nehmen zu

Erde|Umwelt

Hitzewellen in Seen nehmen zu
Bergsee
Bergsee in Neuseeland. (Bild: simonbradfield/ iStock)

Der Klimawandel sorgt nicht nur an Land, sondern auch in Gewässern für steigende Wassertemperaturen sowie häufigere und ausgeprägtere Hitzewellen.. Forscher haben nun anhand von Satellitenaufnahmen und mathematischen Modellen berechnet, welche Auswirkungen der fortschreitende Klimawandel bis Ende des Jahrhunderts auf die Temperatur in Seen haben wird. Bei weiterhin hohen CO2-Emissionen werden die Hitzewellen in Seen demnach intensiver werden und länger andauern. Die Folgen für die Ökosystem in den Seen und darum herum sind kaum absehbar.

Die globale Erwärmung lässt nicht nur die Mitteltemperaturen von Land und Ozeanen langsam ansteigen, sie fördert auch klimatische Extremereignisse wie Hitzeperioden. Zahlreiche Studien haben bereits belegt, dass der Klimawandel zu häufigeren Hitzewellen an Land und an der Meeresoberfläche führt, die überdies intensiver ausfallen als in früheren Jahren. Damit verbunden ist das Risiko für schwerwiegende, teils irreversible ökologische Schäden, die auch wirtschaftliche und soziale Probleme mit sich bringen, etwa, wenn die es zu Wasserknappheit kommt oder bestimmte Nahrungsmittel nicht mehr verfügbar sind. Auch Seen spielen in diesem Zusammenhang mutmaßlich eine wichtige Rolle. Wie sich Hitzewellen auf diese Gewässer auswirken, wurde allerdings bislang kaum untersucht.

Längere und stärkere Hitzewellen

Dieser Wissenslücke haben sich nun Forscher um R. Iestyn Woolway vom Climate Office der europäischen Weltraumagentur ESA angenommen. Für über 700 Seen weltweit modellierten sie die Temperaturveränderungen zwischen 1901 und 2099. Dafür griffen sie auf Satellitenaufnahmen zurück sowie auf ein mathematisches Modell, das unter anderem Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und Luftdruck berücksichtigt. Dieses testeten sie für verschiedene Szenarien mit unterschiedlich hohen CO2-Emissionen. Um eine Hitzewelle handelt es sich gemäß der Definition von Woolway und Kollegen, wenn die Oberflächentemperatur eines Sees an mindestens fünf aufeinanderfolgenden Tagen höher liegt, als sie in den Jahren 1970 bis 1999 an 90 Prozent der Tage war.

Das Ergebnis: „Hitzewellen werden bis zum Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts heißer und länger werden“, so die Forscher. Ihren Daten zufolge liegt die Wassertemperatur bei derzeitigen Hitzewellen durchschnittlich um 3,7 Grad höher als die mittlere Temperatur von Seen weltweit. Wenn die Treibhausgas-Emissionen weiterhin hoch bleiben, könnte sich dieser Wert auf 5,4 Grad steigern, wie die Studie ergab. Auch die Dauer der Hitzewellen wird den Prognosen zufolge zunehmen: Während sich Hitzewellen in Seen bisher üblicherweise nach etwa einer Woche wieder legen, könnten sie im Szenario mit den höchsten Emissionen über drei Monate lang anhalten. Für einige Seen könnte die Hitze sogar zu einem neuen Normalzustand werden.

Mögliche Rückkopplungseffekte

Berücksichtigt haben die Autoren Seen mit einer Tiefe zwischen zwei und 60 Metern. „In tieferen Seen dauern Hitzewellen länger an, sind aber weniger intensiv als in flacheren Gewässern. Das gilt sowohl für historische als auch für zukünftige Perioden“, berichten sie. Grund dafür ist, dass tiefe Gewässer eine höhere Wärmespeicherkapazität haben und somit in gewissem Maße hohe Temperaturen von der Oberfläche abfangen können. Allerdings sorgen starke Temperaturunterschiede zwischen den oberen und den unteren Wasserschichten dafür, dass sich der See weniger gut durchmischt.

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Der Umweltwissenschaftler Moritz Lehmann von der Universität Basel weist darauf hin, dass bei schlechter Durchmischung die Sauerstoffarmut in tieferen Wassermassen zunimmt. „Unter diesen Bedingungen wird verstärkt das Treibhausgas Methan gebildet“, warnt er. Das wiederum führt zu einer weiteren Klimaerwärmung und verschärft somit die Effekte. Solche Rückkopplungsmechanismen haben die Autoren nicht in die Berechnungen einbezogen.

Auswirkungen auf Ökosysteme

Auch für die Ökosysteme in den Seen und alle, die davon abhängig sind, kann die Erwärmung schwerwiegende Konsequenzen haben. „Hitzewellen können dazu führen, dass bestimmte Arten bevorzugt werden, während andere benachteiligt oder sogar aussterben werden. So kann es zu Verschiebungen bei der Zusammensetzung der Artengemeinschaften kommen“, erklärt Lutz Becks, Leiter der Arbeitsgruppe Aquatische Ökologie und Evolutionsbiologie der Universität Konstanz, der nicht an der Studie beteiligt war.

Wie genau die Hitzewellen die Ökosysteme verändern werden, lässt sich jedoch kaum voraussagen. „Da Arten auch immer mit anderen Arten in Wechselwirkung stehen, sind diese Verschiebungen bei den Artenzusammensetzungen komplex. So kann eine Art eine hohe Toleranz gegenüber Hitzewellen haben, ihre Beute aber zum Beispiel nicht, was wiederum zum Aussterben des Beutegreifers führen kann. Die Messung von Toleranzkurven einzelner Arten kann uns da also nur begrenzt weiterhelfen“, so Becks.

Überdies geben die Daten lediglich Aufschluss über allgemeine globale Zusammenhänge. „Was das nun aber für einen einzelnen bestimmten See zum Beispiel in Zentraleuropa bedeutet und welche Folgen das konkret vor Ort hat, kann aus der Studie nicht abgeleitet werden“, kommentiert die Klimawandelexpertin Diana Rechid vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht. Dafür seien detailliertere, räumlich aufgelöste Simulationen notwendig. Die aktuelle Studie zeige aber deutlich, welchen Einfluss die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen auf Binnengewässer weltweit hat. In einem Szenario mit geringeren Emissionen würden Hitzewellen zwar dennoch stärker und länger ausfallen als bisher, aber mit einer Temperatursteigerung von 4 Grad und einer geschätzten Dauer von einem Monat deutlich milder verlaufen als im negativen Extremszenario.

Quelle: R. Iestyn Woolway (European Space Agency Climate Office) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-020-03119-1

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