Welche Farben und Zeichnungen hatten urzeitliche Tiere? Bisher ließen sich nur Spuren der dunklen Form des tierischen Farbpigments Melanin bei Fossilien nachweisen. Doch nun präsentieren Forscher ein Verfahren, das auch die Überbleibsel der rötlichen Pigmente klar sichtbar machen kann. Das Potenzial ihrer Methode haben sie am Beispiel drei Millionen Jahre alter Fossilien eines Nagers demonstriert. Es handelte sich demnach nicht um eine „graue Maus“ – das Tierchen besaß ein rötliches Fell und einen weißen Bauch, verdeutlichen die Analysen.
Oft sind von Tieren, die vor Urzeiten einmal unsere Erde bevölkerten, nur noch Knochenstrukturen übrig – doch in besonders spannenden Fällen hat sich mehr erhalten: Bei einigen Fossilien überdauerten auch Spuren von Hautstrukturen, Federn oder Fell die Jahrmillionen. Sie geben weitere Einblicke in das einstige Aussehen und die Merkmale dieser ausgestorbenen „Modelle“ der Evolutionsgeschichte. Auch Hinweise auf die Pigmentierung dieser Lebewesen konnten bestimmte Verfahren schon liefern. Studien haben beispielsweise bereits dunkle und helle Muster in den Federn des berühmten Urvogels Archaeopteryx aufgezeigt.
Die rote Komponente fehlte bisher
Dabei wurden allerdings nur die Spuren des sogenannten Eumelanins nachgewiesen – der schwarz-braunen Form des Pigments Melanin. Die Farbgebung von Tieren basiert allerdings noch auf einer zweiten Form: Das Phäomelanin bringt gelb-rötliche Töne ins Spiel. Abgesehen von strukturell basierten Farbeffekten basiert die Farbpalette der Haar-, Feder- und Hautfarben bei Tieren auf Mischungen dieser beiden Grundfarben. Bei einer schwarzen Katze dominiert beispielsweise das Eumelanin, bei einem Fuchs ist dagegen das rötliche Phäomelanin besonders deutlich erkennbar.
Es gab zwar bereits erste Ansätze, auch den rötlichen Farbstoff bei Fossilien nachzuweisen, aber die aktuelle Entwicklung stellt nun den Durchbruch dar, berichten die Forscher um Roy Wogelius von der University of Manchester. Ihre zerstörungsfreie Methode basiert auf der Technik der Röntgenspektroskopie und mehrerer Bildgebungsverfahren. Ein Fossil mit Resten von Fell-, Feder- oder Hautstrukturen wird dabei geradezu in Strahlen gebadet. Die „Echos“ dieser Behandlung ermöglichen dann Rückschlüsse auf die chemische Signatur in bestimmten Partikeln der einstigen Körperstrukturen.
Ein rot-braunes Mäuschen zeichnet sich ab
Um eine Informationsgrundlage zu schaffen, untersuchten die Wissenschaftler zunächst viele Proben unterschiedlich gefärbter Tierarten unserer Zeit. So konnten sie Vergleichsmaterial schaffen und klären, durch welche charakteristischen Signale sich das rötliche Phäomelanin auszeichnet. Das Pigment ist demnach durch das Element Zink charakterisiert und durch eine bestimmte Art von organischem Schwefel. Diese beiden Stoffe kann das Verfahren der Forscher nun sichtbar machen. Konkret: Durch die Überlagerung der Signale des Zinks und der Schwefelverbindung werden Bereiche einer Probe deutlich, die durch das Phäomelanin geprägt sind.
Angewendet haben die Forscher ihr Verfahren bei Fossilien einer Mausart, die vor etwa drei Millionen Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands gelebt hat. Neben Knochenstrukturen sind auch Reste ihres Fells versteinert. Die fossilen Reste dieses Pelztierchens nahmen die Wissenschaftler nun also mit ihrem Röntgenstrahlen-System ins Visier. So zeigte sich: Das Fell der ausgestorbenen Nagerart war auf dem Rücken und an den Seiten rötlich-braun gefärbt und am Bauch weiß.
Wie die Forscher resümieren, ist im Rahmen der Studie nun klar geworden, wonach man suchen muss, wenn man Fossilien detailliertere Farbinformationen entlocken will. Das Verfahren steht nun der Paläontologie zur Verfügung. „Die äußerlichen Merkmale von ausgestorbenen Tieren werden durch unsere Ergebnisse nun präziser erfassbar. Wir hoffen, dass wir somit die Möglichkeiten der Erforschung von ausgestorbenen Tieren um eine Dimension erweitern können“, sagt Wogelius.
BU: Ein Maus-Fossil gibt Farbgeheimnisse preis. Links ist eine künstlerische Darstellung des Nagers gezeigt. Rechts unten ist das Fossil zu sehen und darüber die bildtechnisch aufbereitete Röntgenspektroskopie-Aufnahme. (Bild: Gregory Stewart / Nationales SLAC-Beschleunigerlabor)
Quelle: DOE/SLAC National Accelerator Laboratory, Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-10087-2