Wo heute die Sonne auf den nackten Boden brennt, erstreckte sich noch bis vor rund 5000 Jahren ein Garten Eden. Welche klimatischen Effekte steckten hinter diesem Phänomen der einst grünen Sahara? Licht auf diese Frage werfen nun Untersuchungsergebnisse von fossilen Pflanzenresten. Aus diesen und aus Klimamodellen geht hervor, dass die einst grüne Landschaft nur möglich war, weil sich in der sogenannten Afrikanischen Feuchtphase zwei Regenzeiten überschnitten. Die Ergebnisse haben auch Bedeutung für die Prognosen von zukünftigen Entwicklungen im Rahmen des Klimawandels, sagen die Forscher.
Sie umfasst die 26-fache Fläche Deutschlands – die Sahara ist heute die größte Trockenwüste der Erde. In dem kargen Meer aus Sand und Stein können nur wenige Tiere und Pflanzen überleben. Doch das war nicht immer so: In der Zeit von vor 14.500 bis etwa 5000 Jahren war die Sahara von Gewässern und einer üppigen Flora geprägt, in der die typischen Savannentiere Afrikas grasten. Die einst lebensfreundliche Sahara war auch die Heimat von Menschen. Dies dokumentieren Felsmalereien an verschiedenen Orten wie in der sogenannten „Höhle der Schwimmer“, wo neben Giraffen oder Krokodilen auch badende Menschen dargestellt sind. Diese Zeit wird als grüne Sahara oder Afrikanische Feuchtphase bezeichnet.
Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass damals der Arm des afrikanischen Sommermonsuns weiter in den Norden reichte und den Regen spendete. Als Ursache dafür gilt die damalige Lage der Erdachse, die sich durch die langsame Kreiselbewegung unseres Planeten leicht verändert. Die Neigung erhöhte in der Ära der grünen Sahara die Sonneneinstrahlung über Nordafrika, was für eine Verlagerung des Monsuns verantwortlich gemacht wurde. Doch auch mit diesem Effekt ließ sich bisher das einstige Vegetationsmuster in der Region nicht plausibel erklären: Aus Klimamodellen ging hervor, dass die Ausläufer des Sommermonsuns kaum gereicht hätten, um für eine dauerhafte Pflanzenbedeckung zu sorgen.
Spurensuche in einem Sedimentarchiv
Um weitere Informationen über die einstigen Klimabedingungen in Nordafrika zu gewinnen, hat ein internationales Forscherteam deshalb nun einen Sediment-Bohrkern untersucht, der aus dem kleinen Tislit-See stammt, der in einer Höhe von mehr als 2000 Metern über dem Meeresspiegel im marokkanischen Atlasgebirge liegt. Wie die Wissenschaftler erklären, wurden in das Gewässer im Verlauf der Jahrtausende Überreste von Pflanzen aus der Region eingetragen und abgelagert. Vor allem fossile Pollen und Spuren von Pflanzenwachsen in den datierbaren Sedimentschichten ermöglichen Rückschlüsse auf die Entwicklung der Vegetation und damit auch auf die Klimageschichte, erklären die Forscher.
Durch die Untersuchung des bis zu 18.500 Jahre zurückreichenden Sediment-Bohrkerns konnten sie zunächst anhand der Veränderungen bei den Pflanzenwachsen die Zunahme der Regenmenge in der Afrikanischen Feuchtphase dokumentieren. Doch spendeten Ausläufer des Sommermonsuns aus dem Süden diese Niederschläge in der nordafrikanischen Region? Offenbar nein: „Die gefundenen Pollenkörner weisen explizit darauf hin, dass dort eine mediterrane Vegetation wuchs und keine subtropische oder gar tropische“, sagt Senior-Autor Enno Schefuß von MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. Dies verweist somit auf ein spezielles Niederschlagsmuster, denn mediterrane Pflanzen sind an Regen im Winter angepasst, wodurch sie die Trockenheit im Sommer überstehen können. „Das bedeutet, dass die Rekonstruktionen des Monsuns aus früheren Studien neu überdacht werden müssen“, sagt Schefuß. Wie er und seine Kollegen erklären, geht aus den Befunden hervor, dass es in der Zeit der grünen Sahara neben der eingeschränkten Nordverlagerung des Sommermonsuns zu einer südwärtigen Verschiebung des Westwindgürtels gekommen ist. Dieser Zustrom brachte damals offenbar im Winter mehr Niederschläge als heute in die nordafrikanische Region im Bereich des Sees.
Winter- und Sommerregen erklären das Grün
Als die Wissenschaftler nun dieses Szenario in klimatische Modelle integrierten, zeichnete sich eine plausible Erklärung für die damals grüne Kernzone der Sahara ab: Eine kontinuierliche Vegetationsbedeckung konnte sich demnach dort nur mit Niederschlägen in zwei Jahreszeiten bilden – eine lange Trockenphase nach einer kurzen Regenzeit hätten die Pflanzen hingegen nicht überstanden. „Am Nordrand der Sahara gab es damals Winterregen, am Südrand den Monsun und in der Zone dazwischen eine Überlappung beider Regensysteme – es gab also Niederschläge im Sommer und Winter“, erklärt Erst-Autor Rachid Cheddadi von der Universität Montpellier. Das Resultat der Vegetationssimulationen auf der Grundlage dieses Szenarios sei eindeutig gewesen – es bildete sich eine grüne Sahara, sagen die Wissenschaftler.
Sie bezeichnen ihre Ergebnisse als einen Paradigmenwechsel beim Verständnis der Hintergründe des Phänomens. Dabei betonen sie allerdings, dass die Erforschung der einstigen Umweltbedingungen in Nordafrika nicht nur eine Bedeutung für das Verständnis der klimatischen Vergangenheit hat: Es können sich auch wichtige Informationen über künftige Klima- und Vegetationsentwicklungen in der Region ergeben sowie Hinweise für die Archäologen, die Besiedlungsmuster und Migrationswege untersuchen. Deshalb wollen die Wissenschaftler nun auch am Ball bleiben: Sie planen eine Expedition mit dem Forschungsschiff FS METEOR, bei der weitere hochauflösende Sedimentarchive aus küstennahen Ablagerungen vor Marokko gewonnen werden sollen.
Quelle: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, Fachartikel: PNAS, doi: 10.1073/pnas.2024898118