Der tennisballgroße Chaco-Pfeiffrosch hat es in sich. Der
Auf 400 Seiten bringt Fotograf Joel Sartore die Vielfalt des Tierreichs eindrucksvoll näher. Seine Tier-Porträts hat er mit kleinen Anekdoten kommentiert. Beispielsweise die Baumstachelschwein-Dame auf dem Cover: Das haarige Tier mit dem Namen Halsey wurde von einem Auto angefahren. Heute geht ist Halsey wieder gut, sie kann jedoch aufgrund einer Zahnerkrankung nicht mehr in die Wildnis entlassen werden. Heimisch ist der kleine Urson-Albino in Nordamerika.
Neben seltenen Tieren lichtete Joel Sartore auch Zufallsbekanntschaften ab. Als der Fotograf einmal in Westafrika für eine Foto-Reportage unterwegs war, verirrte sich nachts ein Halbfinger-Gecko in seinem Zelt. Er griff nach dem Tier, der Gecko warf seinen Schwanz ab. Kein Grund zu Beunruhigung – der Schwanz wächst dem Kriechtier glücklicherweise wieder nach. Für das Porträt legte er spontan den Gecko und Schwanz nebeneinander.
Besonders aussagekräftig sind die Erläuterungen. Ist ein Tier gefährdet oder nicht? Wenn ja, wie stark? Danach hat Sartore seine Bilder unterteilt. So stellt er klar, welche der abgebildeten Tiere wohlmöglich bald verschwunden sein werden. Denn wie viele Arten bereits vom Aussterben bedroht sind, überrascht: Nach der aktuellen roten Liste für gefährdete Tierarten der Weltnaturschutzunion (ICUN) sind es etwa 25.000 Tiere. Bisher wurden 1,2 Millionen Tierarten auf der Erde identifiziert, davon sind circa 95 Prozent Insekten.
Skurrile Tiervergleiche
Der Bildband ist in fünf Kapitel gegliedert – Spiegel, Partner, Gegenüber, Kuriositäten und Hoffnung. Im Kapitel “Spiegel” stellt Satore zwei meist sehr unterschiedliche Tiere nebeneinander. Es zeigen sich erstaunliche Parallelen, wenn sich beispielsweise ein südamerikanischer Königsgeier und ein Panzernashorn gegenüberstehen: Erst auf dem zweiten Blick lässt sich die Ähnlichkeit der orangefarbenen Karunkel des Vogels mit dem Horn des Nashorns erkennen.
So spielt das Kapitel mit dem Auge des Betrachters. Denn trotz ihrer Verschiedenheit offenbaren sich in den ungleichen Tieren Gemeinsamkeiten. Jedes Kapitel erzählt eine eigene Geschichte: Ob es das vermeintliche Spiegelbild ist, der Weg mit dem Partner oder dem Gefährten, die Ähnlichkeit im Gegenüber, die Eigentümlichkeit einer Spezies, die sich jeglicher Kategorisierung entzieht oder das vorerst währende Happy End einer vom Aussterben bedrohten Tierart.
Dazwischen hat Sartore kleine Extras eingestreut: Doppelseiten, die “hinter die Kulissen” führen. Hier wird erklärt wie die Bilder entstanden sind und wie es ihm gelang, die teils sehr scheuen Tiere vor die Linse zu bekommen. Einer seiner Tricks: Er lichtet die Tiere in einem Zelt ab, das er schnell aufstellen kann. So beruhigte er zum Beispiel einen stark gefährdeten Haiti-Bussard. Da viele der porträtierten Tiere in ihrer ursprünglichen Umgebung bereits ausgestorben sind und sich daher in menschlicher Obhut befinden, konnte Sartore seine Motive vor einem komplett weißen oder schwarzen Hintergrund fotografieren. Dabei unterstützten ihn Tierpfleger und freiwillige Helfer.
Einsatz für den Artenerhalt
Im Abschnitt “Helden” sprach der in Oklahoma geborene Fotograf mit Menschen, die sich in besonderer Weise für das Tierwohl einsetzen – wie beispielsweise mit dem aus Deutschland stammenden Aktivisten Tilo Nadler. Er gründete das “Endangered Primate Rescue Center” in Vietnam, das sich um misshandelte Tiere kümmert. Viele von ihnen wurden auf dem Schwarzmarkt beschlagnahmt. Eines davon ist der vom Aussterben bedrohte Weißwangen-Schopfgibbon. Der kleine Primat lebt in China sowie in den nördlichen Regionen Vietnams und Laos.
“Gegenwärtig werden Arten schneller ausgelöscht als zu jedem anderen Zeitpunkt der Erdgeschichte”, schreibt Harrison Ford, der Vorsitzende der Organisation “Conservation International” im Vorwort von Sartores Bildband. Der US-Schauspieler und engagierte Naturschützer setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der Tierwelt ein. Wissenschaftler haben sogar zwei Tiere nach ihm benannt: die Spinnenart Calponia harrisonfordi und die Ameisenart Pheidole harrisonfordi. Anders als die Tiere können die Menschen beeinflussen, ob eine Art fortbesteht, erklärt Ford. Das Ziel von Sartores Bildband ist es, diesen Lebewesen eine Stimme zu geben.
Zum Fotografen:
Joel Sartore (geboren 1962) arbeitete zunächst als Zeitungsfotograf in Amerika, dann begann er seine Kariere bei der National Geographic Society. Nachdem er anfangs Menschen porträtierte, spezialisierte er sich später auf die Tierfotografie. Der Fotograf sieht sich nach eigener Aussage als einer der Letzten, der einige der aufgenommenen Arten lebend sieht. In über zehn Jahren lichtete er über 6000 Arten ab – über 400 davon sind in “Artenreich” zu finden.
Zum Buch:
Joel Sartore
Artenreich
Eine Hommage an die Vielfalt
National Geographic Buchverlag, Hamburg 2017, € 60,–