Eine zufällige Entdeckung könnte künftig die Übertragung von elektronischen Mikrostrukturen auf unebene Flächen erleichtern – mit Zucker als Transporthelfer.
Der goldene Schriftzug auf einer Säule, den man auf diesem Bild sehen kann, scheint erstmal unspektakulär. Tatsächlich handelt es sich aber um mikroskopisch kleine Buchstaben auf einem einzelnen menschlichen Haar. Aufgedruckt wurden die Buchstaben “NIST” mit einer Mischung aus Zucker und Maissirup – eigentlich einem geschmolzenen Bonbon. NIST steht für das National Institute of Standards and Technology in den USA.
Gary Zabow, Physiker am NIST, wollte seinen Kollegen in einem Biomedizinischen Labor für Studienzwecke magnetische Mikropunkte zusenden. Um diese mikroelektronischen Strukturen nicht mit Plastik oder Chemikalien zu verunreinigen, kam ihm aus der Not heraus Zucker in den Sinn: Er bettete sie in einen Zuckerklumpen ein. Aus Versehen vergas er eines dieser Magnetpunkte enthaltenden Zuckerstücke in einem erhitzten Becherglas. Als er die zähflüssigen Überreste wegspülte, wurden die mikroskopischen Punkte, anders als erwartet, nicht mit abgespült. Stattdessen hatten sie exakt ihre ursprüngliche Anordnung beibehalten. Diese Entdeckung brachte ihn auf die Frage, ob Zucker als Übertragungsmedium für Mikrostrukturen genutzt werden kann.
Heutzutage basiert fast unsere komplette Technik auf Chips und Halbleitern. Diese wiederum bestehen meist aus flachen Materialien, die in größter Präzision mit winzigen dreidimensionalen Mikrostrukturen bedeckt werden. Üblicherweise werden sie durch Transferdrucke mit flexiblen Bändern oder Kunststoffen übertragen. Oft haben diese Materialien aber Probleme, sich an scharfe Ecken oder Kurven anzupassen. Auch bisher genutzten Flüssigverfahren haben Probleme mit der Präzision. Die Anwendungsmöglichkeiten für Halbleiter und intelligente Werkstoffe in biomedizinischen oder mikrorobotischen Bereichen aber wächst und damit die Notwendigkeit, komplizierte Mikrostrukturen auf unebene Materialien zu übertragen.
Mit seinen Bonbons als Transfermedium konnte Gary Zabow jedoch erstaunlich exakte Ergebnisse erzielen, wie bei dem hier gezeigten bedruckten Haar. Die neue Methode nennt sich REFLEX (REflow-driven FLExible Xfer) und könnten Mikroschaltkreismuster wie eine Schablone übertragen. „Die Halbleiter-Industrie hat Millionen von Dollar ausgegeben, um die Drucktechnik zu perfektionieren, die für die Herstellung der Chips benötigt wird. Wäre es nicht schön, wenn wir einige dieser Technologien nutzen könnten, um die Reichweite dieser Drucke mit etwas so Einfachem und Preiswertem wie einem Bonbon zu erhöhen?“, äußert sich Zabow zu seiner Entdeckung.