Galaxienhaufen gehören zu den größten Strukturen im Kosmos. Die aus Galaxien, Gaswolken und Dunkler Materie bestehenden Gebilde können mehrere tausend Galaxien umfassen und bis zu einer Billion Sonnenmassen in sich vereinen. Ein großer Teil dieser Masse stammt jedoch nicht von Sternen, sondern vom sogenannten Intracluster-Medium (ICM), enormen Gasschwaden, die den Raum zwischen den Galaxien des Haufens durchziehen. Wie dieses intergalaktische Gas verteilt und strukturiert ist, wurde bisher nur bei nahen, voll entwickelten Galaxienhaufen untersucht.
Schon länger vermuten Astronomen aber, dass das Intracluster-Medium eine entscheidende Rolle für die Entstehung und das Wachstum von Galaxienhaufen spielt. Das heiße, einfallende Gas fördert demnach die Bildung neuer Sterne und Galaxien. „Kosmologische Simulationen haben die Anwesenheit von heißem Gas in Protoclustern seit mehr als einem Jahrzehnt vorhergesagt, aber es fehlte die Bestätigung durch Beobachtungen“, erklärt Elena Rasia vom Italienischen Nationalen Institut für Astrophysik (INAF) in Triest.
Um dies zu überprüfen, haben Rasia und ihre Kollegen mithilfe des Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) eine Reihe solcher Proto-Galaxienhaufen im frühen Kosmos näher untersucht. „Die Suche nach einer solchen wichtigen experimentellen Bestätigung hat uns dazu veranlasst, einen der vielversprechendsten Protocluster-Kandidaten sorgfältig auszuwählen”, erklärt die Astronomin. Bei dem ausgewählten Kandidaten handelt sich um den Spiderweb-Protocluster, eine rund 10,6 Milliarden Lichtjahre von uns entfernte, unregelmäßige Galaxie, die dabei ist, zum Zentrum eines neuen Galaxienhaufens zu werden.
Um das diffuse, bei normaler Betrachtung unsichtbare Gas sichtbar zu machen, nutzten die Astronomen die Tatsache, dass die Präsenz von Intracluster-Medium die Radiostrahlung des dahinter liegenden kosmischen Mikrowellenhintergrunds ein winziges Bisschen verstärkt. Tatsächlich gelang es dem Team auf diese Weise, Menge und Verteilung des Gases in diesem Proto-Haufen zu kartieren. Es ist in dieser Aufnahme als bläulicher Schleier zu erkennen.
Aus den Beobachtungen geht hervor, dass der Spiderweb-Protohaufen ein riesiges Reservoir an heißem Gas mit einer Temperatur von einigen zehn Millionen Grad Celsius enthält. “Diese Beobachtungen bestätigen die seit langem bestehenden theoretischen Vorhersagen über die Entstehung der größten gravitativ gebundenen Objekte im Universum”, sagt Co-Autor Tony Mroczkowski von der Europäischen Südsternwarte ESO. Die Astronomen schließen aus ihren Resultaten, dass sich der Spiderweb-Protohaufen im Laufe von rund zehn Milliarden Jahren zu einem massereichen Galaxienhaufen entwickeln wird. Dabei wird er seine Masse um mindestens das Zehnfache erhöhen.
Ein asymmetrisches All?
