Dieses Foto zeigt die weite Eislandschaft des riesigen Thwaites-Gletschers in der Westantarktis. Die dort herrschenden Luftströme sorgen im Winter für heftige Schneefälle, bringen im Sommer aber Tauwetter.
In bestimmten Zonen der Atmosphäre können sich tausende Kilometer lange, aber schmale Luftströmungen bilden. Über dem Pazifik haben solche atmosphärischen Flüsse oft ihren Ursprung südwestlich von Hawaii, um dann über die Inselkette hinweg in Richtung nördlicher US-Westküste und Kanada zu strömen. Dort sind sie eine der Hauptursachen für ausgedehnte, starke Regenfälle. Aber auch in anderen Regionen der Atmosphäre gibt es solche Strömungen.
Ob sie auch schon in der Westantarktis, wie etwa auf dem Thwaites-Gletscher auf unserem Foto, für erhöhte Niederschläge gesorgt haben, hat nun ein Forscherteam um Susheel Adusumilli von der University California San Diego untersucht. Dafür nutzten die Wissenschaftler die Daten des ICESat-2-Satelliten der NASA, der seit 2018 mithilfe von Laserpulsen die Höhe vom Eis und vom Schnee in der Antarktis misst, und ein Computermodell, dass basierend auf Wetterdaten Informationen zur Atmosphäre und Luftfeuchtigkeit gibt.
Dabei zeigte sich: Die Höhe des Eisschilds in der Westantarktis nahm zwischen April 2019 und Juni 2020 immer wieder deutlich zu. Auch der Thwaites-Gletscher hat in dieser Zeit mehr Schnee bekommen. Rund 40 Prozent der Höhenzunahme während des Südwinters 2019 lassen sich auf kurze, aber heftige Schneefälle zurück. Diese Niederschläge sind laut Adusumilli und ihrem Team zu über 60 Prozent durch atmosphärische Flüsse entstanden. Diese transportieren feuchte Luft und Tiefdruckgebiete aus den subtropischen, mittleren Breiten der Südhalbkugel zur Antarktis und lösen dadurch im Winter eher milde Temperaturen und Schneefall aus.
Im Südsommer dagegen haben die atmosphärischen Flüsse die gegenteilige Wirkung;: Weil sie dann warme Luft in die antarktischen Breiten bringen, tragen sie zur Erwärmung und zum Abtauen des Eises bei. Wie die Forscher ermittelten, fielen 90 Prozent der sommerlichen Atmosphärenflüsse und zehn Prozent der winterlichen mit Phasen der Eisschmelze im Westantarktischen Eisschild zusammen.
“Wir wissen, dass die Häufigkeit der atmosphärischen Flüsse zunehmen wird, daher ist es wichtig, dass Wissenschaftler ermitteln können, wie viel sie zum Schneefall oder zur Oberflächenschmelze beitragen”, erklärt Adusumilli. “Das hilft uns, besser zu verstehen, wie sich die Eismasse der Antarktis insgesamt verändert und wie sich dies auf den Meeresspiegel auswirkt.”