Sie existieren normalerweise nur für Millisekunden – Tropfen, die über einer Flüssigkeitsoberfläche schweben. Die Flüssigkeit muss dafür eine gewisse Viskosität, Zähflüssigkeit, besitzen. Dieses Phänomen der Nichtkoaleszenz, des „Getrenntbleibens“, von Tropfen und darunterliegender Flüssigkeit ist gut bekannt und ein bedeutendes Gebiet der Aerosolforschung.
Um einen Tropfen entgegen der Schwerkraft für längere Zeit im Zustand der Schwebe zu halten, muss in der ultraschmalen Lücke zwischen Tropfen und Flüssigkeitsoberfläche ein kontinuierlicher Überdruck erzeugt werden. Dafür gibt es bereits verschiedene Methoden.
Wird das System in Schwingung versetzt, können Tropfen wie auf einem Trampolin über die Oberfläche hüpfen. Durch die Vibrationen gelangt immer wieder Luft in die Lücke zwischen Flüssigkeit und Tropfen, sodass die Tropfen „schweben“. Dieselbe Wirkung kann durch einen Luftstrom in der Lücke erreicht werden, der durch Rollen der Tropfen über die Oberfläche oder das Verdampfen von Flüssigkeit oder Tropfen erzeugt wird. Letzteres ist der sogenannte Leidenfrost-Effekt, der auch beim Tanzen von Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte beobachtet werden kann.
Manche Methoden nutzen Magnetfelder oder Schallwellen. Doch sie alle haben eines gemeinsam: „Entweder wir leisten externe Arbeit am System oder wir erschaffen einen Nichtgleichgewichtszustand, in dem die Tropfen schweben können, solange er existiert“, erklärt Denis Klyuev von der Universität Tjumen, Russland. Zusammen mit seiner Kollegin Natalia Ivanova hat Klyuev nun Erstaunliches entdeckt. Sie beobachteten Butylalkohol-Tropfen, die, nachdem sie mit einer Nadelspritze auf die Oberfläche einer Silikonflüssigkeit gesetzt wurden, für Dutzende Minuten über dieser schwebten. Damit schwebten die millimetergroßen Tropfen selbsttragend und ohne externe Kräfte. Einer dieser Tropfen ist hier im Bild zu sehen.
Erklärt werden kann dieses Phänomen durch konzentrationsbedingte Konvektion: An der Tropfenoberfläche verdampfen fortlaufend Moleküle. Diese Dampfmoleküle sind auf der Flüssigkeitsoberfläche zumeist inhomogen verteilt. Dadurch wird die Oberflächenspannung an manchen Stellen abgesenkt und es kommt zu sogenannten solutokapillaren Ausgleichsströmungen – Luftströmen, auf denen die Tropfen schweben können.
Die Forscher konnten das Phänomen bereits mit verschiedenen Tropfenmaterialien beobachten und sehen eine mögliche Anwendung in der Mikrobiologie oder Biochemie. Die Erforschung von Aerosolen und den in ihnen enthaltenen Viren und Mikroorganismen ist wichtig für das Verständnis der Verbreitung von Krankheiten durch die Luft. Die neue Methode ermöglicht es, Tröpfchen ohne physischen Kontakt schweben zu lassen und sie so ohne das Risiko der Kontaminierung mit unerwünschten Mikroorganismen zu untersuchen.