Die Steine dieser Felsformation in Neuseeland scheinen nur mit Glück noch aufeinander zu balancieren. Tatsächlich halten sie jedoch bereits seit Tausenden von Jahren – trotz häufiger Erdbeben.
In der Nähe der Stadt Otago auf der neuseeländischen Südinsel liegt der Clyde-Damm – der größte Beton-Staudamm in Neuseeland. Er wurde vor rund 30 Jahren errichtet, um zwei Flüsse aufzustauen und an der Staumauer des so entstandenen Lake Dunstan Strom aus Wasserkraft zu erzeugen. Bei seinem Bau wurde zwar schon berücksichtigt, dass es in dieser Region häufig Erdbeben gibt. Über die maximale Stärke dieser Erschütterungen herrschte jedoch Unklarheit.
An diesem Punkt kommt die auf diesem Foto abgebildete Gesteinsformation ins Spiel. Sie liegt rund zwei Kilometer südwestlich des Damms in der Cairnmuir-Ebene, einem Plateau, auf dem sich mehrere solcher “balancierenden Felsen” finden. Typisch für solche Formationen ist, dass sie kippelig auf ihrer Spitze stehen oder nur durch winzige Unebenheiten in Position gehalten werden. Meist wurden sie durch Erosion derart geformt.
Wegen ihrer prekären Balance verraten diese Felsen einiges über die Bodenbewegungen ihrer Umgebung: Ihre mechanische Stabilität kann Aufschluss darüber geben, bei welchen Kräften und Erschütterungen die Formation zusammenbricht. Über Altersspuren an der Gesteinsoberfläche lässt sich ermitteln, wie lange diese Felsen schon in der kippeligen Balance bestehen. Beides zusammen verrät dann, wie lange es am Standort der Felsformation schon kein Erdbeben mehr gegeben hat, dessen Stärke die kritische Schwelle übertraf.
Genau das haben Forscher um Mark Stirling von der University of Otago an den Felsbrocken auf unserem Foto untersucht. Mit ihm und einem Erdbebenmodell der Region haben sie ermittelt, wie stark die in dieser Gegend theoretisch zu erwartenden Erdbeben mit Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 10.0000 Jahren der Vergangenheit waren. Das wiederum verrät ihnen, ob der Clyde-Damm für diese Jahrtausend-Beben stabil genug ist.
Es zeigte sich: Die Felsen in der Cairnmuir-Ebene verharren offenbar schon seit mindestens 24.000 Jahren in ihrer instabilen Position – haben also mindestens zwei der schweren Erdbeben überlebt. Zudem ergaben die Untersuchungen, dass die maximale Beschleunigung des Untergrunds bei diesen Beben im Vergleich zu vorherigen Schätzungen deutlich geringer waren. Der Damm könnte diesen standhalten. „Es gibt nichts, was in Bezug auf die Verstärkung des Dammes getan werden muss”, resümiert Stirling.