Als „Duft der Ewigkeit“ bezeichnen die Wissenschaftler den von ihnen rekonstruierten Geruch. Unter der Leitung von Barbara Huber vom Max-Plank-Institut für Geoanthropologie in Jena analysierte das Team Balsamrückstände, die in den Kalkstein-Kanopen im Grab der ägyptischen Adligen Senetnay gefunden wurden. Die Substanzen wurden vor über 3000 Jahren bei der Mumifizierung dieser hochrangigen Frau der 18. Dynastie eingesetzt. Eine der Kanopenvasen ist im Bild zu sehen.
Die Kanopen waren bereits von Howard Carter vor über einem Jahrhundert in der altägyptischen Grabanlage KV42 im Tal der Könige geborgen worden. Heute sind sie im Museum August Kestner in Hannover ausgestellt. Nun gelang es den Forschern mithilfe spezieller Analysetechniken, wie Gas- und Flüssigkeitschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung, die Inhaltsstoffe des Balsams zu entschlüsseln: eine Mischung aus Bienenwachs, Pflanzenöl, Fetten, Bitumen, einer balsamischen Substanz und dem Harz eines Kieferngewächses, wahrscheinlich einer Lärche, sowie Dammar- oder Pistazienharz.
Dammarharz stammt von Laubbäumen aus der Familie der Flügelfruchtgewächse, welche ausschließlich in südostasiatischen Tropenwälder wachsen. Sollte sich das Harz als Inhaltsstoff eindeutig bestätigen, würde das darauf hinweisen, dass die Alten Ägypter fast 1000 Jahre früher als bisher bekannt über Fernhandel mit Südostasien Zugang zu dieser Substanz hatten. Auch das verwendete Kiefernharz kam sehr wahrscheinlich aus Ländern nördlich des Mittelmeers. „Die Zutaten des Balsams machen deutlich, dass die Alten Ägypter bereits sehr früh Materialien von außerhalb ihres Reiches bezogen“, erklärt Seniorautorin Nicole Boivin vom MPI für Geoanthropologie. „Die Anzahl der importierten Inhaltsstoffe hebt zudem die Bedeutung Senetnays als Schlüsselmitglied im inneren Kreis des Pharaos hervor.“
Die Forschung liefert wertvolle Einblicke in die Zutaten der Einbalsamierungsessenzen, da in Textquellen des Alten Ägyptens nur wenige Informationen darüber zu finden sind. Außerdem hilft die Untersuchung der komplexen Balsamzusammensetzung den Wissenschaftlern, den ausgeklügelten Prozess der Mumifizierung besser zu verstehen.
In enger Zusammenarbeit mit der französischen Parfümeurin Carole Calvez und der sensorischen Kunsthistorikerin Sofia Collette Ehrich ließen die Wissenschaftler den Duft des Balsams basierend auf ihren analytischen Ergebnissen wiederauferstehen. Dieser wird nun im Moesgaard Museum in Dänemark für die Besucher zu riechen zu sein. Barbara Huber erklärt: „Der ‘Duft der Ewigkeit’ repräsentiert mehr als nur den Geruch der Mumifizierung. Er verkörpert die große kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Bestattungspraktiken.“