Die Chemo-Sensoren an den Saugnäpfen der acht Oktopus-Arme übermitteln den Tieren durch methodisches Erkunden ein genaues „Schmecken durch Tasten“-Bild ihrer marinen Umgebung oder ihrer potenziellen Beute. Dahinter steckt ein hoch entwickeltes Nervensystem: “Cephalopoden sind für ihre ausgefeilten Sinnesorgane, das gut entwickelte Nervensystem und fortgeschrittene Verhaltensweisen bekannt, die mit denen komplexer Wirbeltiere vergleichbar sind”, erklärt Ryan Hibbs von der University of California in San Diego. “Die Organisation ihres Nervensystems ist aber radikal anders. Damit sind die Kopffüßer ein faszinierendes Beispiel für eine konvergente und divergierende Evolution.”
Hibbs und sein Team haben nun erstmals die Struktur des chemotaktilen Rezeptoren der Kalifornischen Zweipunkt-Kraken beschrieben – der Sinnesorgane, mit denen die Tiere ihre Umgebung durch Tasten und “Schmecken” erkunden. Mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie konnte das Team die Struktur der Proteine bis auf atomare Ebene aufklären. Aus der genauen Struktur lässt sich ableiten, dass die Rezeptoren durch Fettmoleküle, wie beispielsweise Steroide, aktiviert werden.
Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Sensoren ein evolutionäres Ergebnis der Entwicklung von Neurotransmittern hinzu Umweltrezeptoren sind. Die Sinnesorgane der Kraken haben sich demnach im Laufe der Evolution an die Beurteilung möglicher Nahrungsquellen angepasst und sich so eine ökologische Nische geschaffen. Andere zehnarmigen Tintenfischarten besitzen dagegen andere Rezeptoren und verfolgen auch eine andere Jagdtaktik: Sie verstecken sich und greifen ihre Beute aus dem Hinterhalt an. Bei diesen Arten wurden uralte Chemorezeptoren gefunden, die den menschlichen, neuronalen Acetylcholin-Rezeptoren ähneln.
Diese neuen Erkenntnisse zur den Tast- und Chemorezeptoren der Tintenfische geben wertvolle Einblicke in die evolutionäre Entwicklung der Sinnesorgane. “Unsere Strukturaufklärung dieser einzigartigen Cephalopoden-Rezeptoren legen die Basis dafür, die Mechanismen hinter großen Funktionswandeln solcher Organe im Laufe der Evolution zu verstehen und auch, wie biologisch neue Funktionen entstehen”, sagt Hibbs.