Was hier in fluoreszierendem Pink, Gelb, Grün und Blau leuchtet, könnte die Zukunft der Verhaltensbeobachtung sein.
Die genaue Beobachtung von tierischem und menschlichem Verhalten ist essenziell für viele Forschungsbereiche – vor allem in der Biologie. Durch sie können Wissenschaftler zum Beispiel herausfinden, wie Tiere miteinander interagieren, ob Artenschutzmaßnahmen funktionieren und wie sich Populationen entwickeln. Im Laufe der Zeit haben sich die Methoden der Verhaltensforschung immer weiter verbessert. Längst sind Wissenschaftler nicht mehr auf Stift und Klemmbrett angewiesen, um die Bewegungen eines Tieres festzuhalten, sondern können zunehmend auf digitale Helfer zurückgreifen.
Ein großer technologischer Sprung war etwa die Möglichkeit, spezielle Marker an Tiere anzubringen, die dann von einem Computerprogramm erfasst werden. Doch einige Tiere wehrten sich gegen die Marker oder waren schlicht zu klein, um damit ausgestattet zu werden. Mittlerweile ist es jedoch möglich, das Verhalten eines Tieres ganz ohne Marker zu erforschen – dank lernfähiger Algorithmen. Dafür müssen Wissenschaftler dem speziellen Programm lediglich beibringen, die Tiere und ihre Körperhaltungen auf Aufnahmen von Drohnen oder in Videos zu erkennen. Allerdings ist das Training sehr mühsam und erfordert aufwendige Handarbeit, zudem versagen diese Systeme oft, sobald sich die Kamera- oder Lichteinstellung ändert. Somit ist die Verhaltensbeobachtung zwar automatisierter geworden, aber immer noch stark auf menschliche Hilfe angewiesen.
Forschende um Daniel Butler vom kalifornischen Salk Institute for Biological Studies könnten nun womöglich eine Technologie entwickelt haben, die die bisherigen Probleme behebt. Die Idee: Man bepinselt relevante Körperteile der zu beobachteten Tiere mit fluoreszierender Farbe, die durch Wellenlängen außerhalb des sichtbaren Bereichs zum Leuchten angeregt wird. Indem man dann Bilderpaare erstellt, auf denen die Farbe einmal sichtbar und einmal unsichtbar ist, trainiert man die KI darauf, die Körperteile irgendwann von selbst zu erkennen, auch wenn den Versuchstieren beziehungsweise Menschen keine Farbe anhaftet.
Wenn man demnach im Labor einmal einen Hasen mit dem System erfasst hat, kann man dem digitalen Assistenten theoretisch auch Videomaterial freilebender Hasen zeigen und er überträgt seine Fähigkeiten dann darauf, ohne dass man ihn zuvor neu trainieren muss. Die neue Technologie trägt den Namen „GlowTrack“ und ihre Erfinder versprechen sich Großes von ihr. „Unser Ansatz kann einer Vielzahl von Bereichen zugutekommen, die empfindlichere, zuverlässigere und umfassendere Werkzeuge zur Erfassung und Quantifizierung von Bewegungen benötigen“, sagt Butlers Kollege Eiman Azim. „Ich bin gespannt, wie andere Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler diese Methoden übernehmen und welche einzigartigen, unvorhergesehenen Anwendungen sich daraus ergeben könnten.“