Eine Küche bietet vieles, was Drosophila melanogaster liebt. Egal, ob es der Biomüll ist, ein angeschnittener Apfel oder eine halbe Banane – Taufliegen machen sich über fast alles her. Und sind sie erst einmal da, vermehren sie sich schnell. Für Wissenschaftler sind die Fruchtfliegen deshalb ein attraktives Versuchstier: Sie pflanzen sich rasch fort und produzieren einen großen Nachwuchs. Im Fokus der Forscher stehen aber auch die Denk- und Entscheidungsprozesse im winzigen Fliegen-Hirn. Und die sind komplex: Die Insekten sind lernfähig und merken sich beispielsweise, welche Plätze sicher und welche gefährlich sind.
Eine neue, hochauflösende 3D-Darstellung des Fruchtfliegen-Gehirns (im Bild) ermöglicht es Forschern jetzt, noch genauer nachzuvollziehen, welche Wege die Gedanken gehen. Ein Zusammenschluss zahlreicher Forscher „Full Adult Fly Tracing Community“ bildete mit der Neuentwicklung die Neuronen und Synapsen so detailliert wie nie zuvor ab und machte zudem solche sichtbar, die bisher unbekannt waren. Neuronen, deren Zellkörper nah beieinander liegen und die eine ähnliche Aufgabe erfüllen, sind in der Hirn-Rekonstruktion mit ähnlichen Farben markiert.
Eines der beteiligten Teams setzte einen Bruchteil der gesamten Abbildung aus 21 Millionen Einzelbildern von über 7000 Hirnschnitten zusammen. Die Wissenschaftler nutzten dafür die sogenannte Transmissions-Elektronenmikroskopie. Dafür tränkten sie das Gehirn zunächst mit Schwermetallen, die sich in der Membran der Neuronen und in den Synapsen sammelten. Dann schnitten sie das Hirn in 35 bis 40 Nanometer dünne Scheiben. Die einzelnen Schnitte wurden anschließend mit Elektronen beschossen. Die Bereiche, in denen sich die Metalle angereichert hatten, reflektierten die Elektronen. Auf diese Weise ließen sich – ähnlich wie beim Röntgen die Knochen – einzelne Neuronen abbilden. Diese Studie erschien kürzlich in der Fachzeitschrift Cell. Der Datensatz zum Fliegengehirn ist frei abrufbar unter temca2data.org.