Dieses Stück Bernstein hat das Bein einer Eidechse für die Nachwelt konserviert. Doch wer genau hinschaut, entdeckt in dem fossilen Harz noch etwas anderes: die Fruchtkörper eines Schleimpilzes. Es ist ein Fund mit Seltenheitswert.
Bernstein ist eine echte Zeitkapsel: Was einst in dieses urzeitliche Baumharz fiel, wurde von ihm umschlossen und über Jahrmillionen perfekt konserviert. Immer wieder öffnen Bernstein-Fossilien daher ein wertvolles Fenster in die Vergangenheit. Forscher haben in dem erhärteten Harz bereits fleischfressende Urzeit-Pflanzen, rätselhafte Insekten und blutsaugende Parasiten gefunden. Sogar Dinosaurierschwänze und Vogelflügel wurden schon in Bernsteinklumpen entdeckt.
Nun ist Paläontologen ein weiterer spannender Fund geglückt: Sie haben in einem Stück Bernstein aus Myanmar die Fruchtkörper eines rund 100 Millionen Jahre alten Schleimpilzes entdeckt. Der konservierte Organismus ist eines von nur wenigen Fossilien dieser Art überhaupt – und das mit Abstand älteste.
Die detaillierte Betrachtung dieses seltenen Fossils enthüllte Überraschendes: Trotz seines hohen Alters kann der Schleimpilz einer noch heute lebenden Gattung zugeordnet werden. Die urzeitlichen Fruchtkörper lassen sich demnach kaum von denen moderner Arten der Gattung Stemonitis unterscheiden. “Das zeigt, dass sich ihre Schlüsselmerkmale mindestens seit der mittleren Kreidezeit nicht mehr verändert haben”, erklären Jouko Rikkinen von der Universität Helsinki und seine Kollegen. Der Fund gebe damit einzigartige Einblicke in die Langlebigkeit ökologischer Anpassungen der Schleimpilze.
Die auch Myxomyceten genannten Schleimpilze verbringen die meiste Zeit ihres Lebens als isolierte bewegliche Zellen im Boden oder auf verrottenden Hölzern. Doch die Organismen können sich auch zu komplexen Fruchtkörpern zusammenschließen, die der Bildung und Verbreitung von Sporen dienen. Obwohl sie kein Gehirn und keine Nerven besitzen, verfügen manche Arten über erstaunlich viel “Grips”. So können einige Schleimpilze zum Beispiel aus Erfahrung lernen und etwa durch komplexe Labyrinthe navigieren, wie Experimente zeigen.