Wenn der pH-Wert des Meerwassers sinkt, beeinträchtigt dies auch die Schalenentwicklung von Flügelschnecken, wie diese Aufnahme verdeutlicht. Die linke Schale stammt von einer Schnecke aus einem küstennahen, sauren Meeresgebiet, die rechte aus dem offenen Meer.
Die Ozeane speichern mehr als ein Viertel des Kohlendioxids, das Menschen etwa durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe jährlich in die Atmosphäre freigeben. Im Wasser löst sich das Gas und wird zu Kohlensäure, die den pH-Wert der Meere sinken lässt – mit Folgen für viele Meeresbewohner. Lebewesen mit einem Kalkskelett wie Korallen, Muscheln und Schnecken können aus dem sauren Wasser weniger Kalziumkarbonat für den Aufbau ihrer Schalen gewinnen.
Ein wichtiger Grund für die zunehmende Versauerung vieler Meeresgebiete sind zwar die steigenden CO2-Werte der Atmosphäre, es gibt aber auch Ozeangebiete, die von Natur aus einen niedrigeren pH-Wert haben. Zu diesen gehören Teile des Pazifiks vor der US-Westküste. Dort steigt kühles, kohlendioxidreiches Tiefenwasser an die Oberfläche und macht damit diese Küstengebiete saurer als das offene Meer.
Welche Auswirkungen diese zusätzliche Versauerung hat, haben Forscher um Lisette Mekkes von der Universität Amsterdam nun untersucht. Dafür sammelten sie winzige, planktische Meeresschnecken (Limacina helicinaaus) an der Küste von Washington und Oregon und weiter draußen im offenen Meer. Diese Schnecken aus der Ordnung der Pteropoden produzieren zarte Schalen und reagieren dabei sehr sensibel auf Veränderungen im pH-Wert des Wassers. Das Forscherteam prüfte deshalb die Schalendicke von 80 Tieren mithilfe von 3D-Röntgenscans und mit einem Rasterelektronenmikroskop.
Dabei zeigte sich: Die Schalen aus küstennahen Gewässern waren um 37 Prozent dünner – wie auch unsere Aufnahme illustriert. Die bläuliche Färbung der linken Schale signalisiert eine Schalendicke von weniger als zehn Mikrometern. Im Gegensatz dazu produzierte die im offenen, weniger sauren Meeresgebiet lebende Schnecke rechts Schalenwände von gut zehn bis 18 Mikrometern Dicke.
Diese Unterschiede sind dabei nicht auf verschiedene Schneckenpopulationen zurückzuführen, sondern auf die unmittelbaren Umweltbedingungen: “Unsere Forschung zeigt, dass Pteropoden, die von der Strömung aus dem offenen Ozean in die sauren, küstennahen Gewässer transportiert werden, innerhalb von zwei bis drei Monaten Schwierigkeiten bekommen, ihre Schalen aufzubauen”, erklärt Mekkes Kollegin Nina Bednarsek.
Welche Folgen die dünneren Schalen für die Flügelschnecken haben könnten, ist noch ungewiss. “Schalen schützen vor Räubern und Infektionen, aber die Herstellung dünnerer Schalen könnte auch eine Anpassungs- oder Akklimatisierungsstrategie sein”, vermutet Mekkes Kollegin Katja Peijnenburg. “Eine wichtige Frage ist jedoch, wie lange können Pteropoden in schnell versauernden Gewässern weiterhin dünnere Schalen herstellen?”