Ein Vogelschwarm am Himmel. Doch etwas passt nicht ins Bild. Zwischen den Federtieren fliegt ein Mensch mit einem Motorschirm. Dieses bizarre Szenario ist Teil eines Projektes zur Wiederansiedlung des Waldrapps.
Mit seinem pechschwarz glänzenden Federkleid, dem roten, sichelförmigen Schnabel und dem charakteristisch kahlen Gesicht fällt der Waldrapp (Geronticus eremita) auf. Einst war er ein häufig verbreiteter Vogel in Mitteleuropa. Doch durch intensive Bejagung und den Verlust seines Lebensraumes wurde er ausgerottet. Ein Team von Wissenschaftlern und Naturschützern verschiedener Organisationen kämpft seit Jahren darum, die Wiederansiedlung des Waldrapps in Europa möglich zu machen. Mit Erfolg.
Menschengeführte Migration: So lautet das Konzept des Teams. Die Grundlage dafür bilden Waldrapp-Küken, die von menschlichen Pflegeeltern aufgezogen wurden. „Die Vögel haben wir dann so trainiert, dass sie einem Ultraleichtflugzeug folgen, in dem die menschlichen Pflegeeltern sitzen”, erklärt Johannes Fritz, Leiter und Gründer von Waldrappteam Conservation and Research. „So können wir die Jungvögel im Herbst in ein Überwinterungsgebiet führen, wo sie dann freigelassen werden.”
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren werteten Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und der Firma Waldrappteam Conservation and Research demographische Daten von fast 400 Individuen aus und erstellten daraus Zukunftsszenarien für die Tiere. „Die Analyse ergab, dass diese Waldrapp-Population auf dem besten Weg ist, sich selbst zu erhalten”, fasst Sinah Drenske vom Leibniz-IZW zusammen.
Die freigelassene Population umfasst derzeit etwa 200 Waldrappe und hat sich seit 2011 erfolgreich vermehrt. Bisher wurden rund 250 Jungvögel in freier Wildbahn aufgezogen. „In der Naturschutzbiologie spielt die Wiederherstellung von Arten eine immer wichtigere Rolle, um dem dramatischen Rückgang der Biodiversität entgegenzuwirken”, erklärt Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-IZW.