Riesige Risse, die sich spiralförmig durch die Polkappen des Mars ziehen, haben Planetenforscher seit ihrer Entdeckung 1976 durch die Viking-Sonden vor ein Rätsel gestellt. Jetzt präsentiert Jon Pelletier von der University of Arizona eine Erklärung für die merkwürdige Struktur in der Fachzeitschrift Geology (April-Ausgabe, S. 365).
Pelletier zufolge ist allein die Strahlung der Sonne für das Phänomen verantwortlich. Da die Marsachse ähnlich wie die Erdachse geneigt ist, werden zum Beispiel auf der Nordhalbkugel Südhänge stärker vom Sonnenlicht bestrahlt als Nordhänge. Auf dem Mars wird es nur während eines kurzen Zeitraums während des Sommers warm genug, dass das Eis der Polkappen schmelzen kann. Pelletier stellt sich vor, dass das Eis an sonnenbeschienenen Hängen schmilzt, während es auf der Schattenseite wieder erstarrt. Kleine Risse oder Huckel würden durch dieses Phänomen mit der Zeit zu Canyons, die bis zu einem Kilometer tief werden können.
“Die Spiralform entsteht, weil die Risse in Richtung der Pole langsamer wachsen”, sagt Pelletier. “Dort ist es kälter, so dass weniger Eis schmilzt. Die Furchen bündeln sich in der Nähe der Pole.” Auf der Erde entstehen solche Risse nicht, weil Luftbewegungen die Sonnenwärme auch in schattige Bereiche verteilen. Auf dem Mars sei die Atmosphäre dafür zu dünn, so Pelletier.
Inspiriert wurde der Forscher durch Schleimpilze, die in ähnlichen logarithmischen Spiralen wachsen. Auch Hurrikans ähneln den Eisspiralen auf dem Mars verblüffend. Pelletier entwickelte ein Computermodell, in das er die Wetterverhältnisse auf dem Mars eingab. In seiner Simulation entstanden ebenfalls Spiralen, die den echten Marswirbeln stark ähneln. “Die Temperaturen auf dem Mars sind genau richtig, um die Spirale zu bilden”, sagt Pelletier. “Das ist auf keinem anderen Planeten oder Mond des Sonnensystems der Fall.”
Ute Kehse